| |
Veröffentlicht am 11­.06.2014

11.6.2014 - Frankfurter Neue Presse

Aufarbeitung nach Tebartz-Skandal: Reformer sind unerwünscht

"Wir sind Kirche" bleibt außen vor

Von Johannes Laubach

Ex-Bischof Tebartz-van Elst wohnt bald in Regensburg. Doch die Aufarbeitung der Vorgänge in Limburg geht weiter - ohne die Reformgruppe "Wir sind Kirche", wie sich jetzt herausstellt.

Das Bistum lehnt Gespräche mit der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Vorgänge unter dem ehemaligen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ab. Wie es in einer Mitteilung der Reformgruppe heißt, hat Pfarrer Wolfgang Rösch als Vertreter des Apostolischen Administrators Weihbischof Manfred Grothe Gespräche abgelehnt.

„Bitte sehen Sie es uns nach, wenn wir für den Dialogprozess aber in den gewählten diözesanen Strukturen bleiben“, zitiert Karl-Josef Schäfer von „Wir sind Kirche“ aus dem von Rösch unterzeichneten Schreiben.

Der Sprecher der Bistumsgruppe zeigt sich enttäuscht, hatte es doch in der Vergangenheit unter anderem von dem Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz oder auch aus der Diözesanversammlung Signale gegeben, das Kirchenvolk und damit auch die Reformgruppen stärker mit einzubinden – unter anderem auch in die Suche nach einem neuen Bischof.

Gremien übergangen

Gerade die Reformgruppe „Wir sind Kirche“ war es in der Vergangenheit, die im Bistum immer wieder auf Missstände unter dem inzwischen emeritierten Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hingewiesen hatte. Missstände, die mehr umfassten als den Bau und die Finanzierung des Diözesanen Zentrums auf dem Limburger Domberg.

Aufgrund der explodierenden Kosten (von 5,5 Millionen Euro auf über 30 Millionen Euro) war der Bischof massiv unter Druck geraten und schließlich beurlaubt worden, was schließlich in einen Amtsverzicht mündete. Bei der Aufarbeitung der Vorgänge wurde deutlich, dass die verschiedenen Gremien des Bistums von dem Bischof übergangen wurden oder teilweise ihren Aufgaben nicht nachkamen. „Die klerikalen Gremien wie zum Beispiel der Priesterrat und die Diözesanversammlung der Laien sind wichtige Gesprächspartner für jeden Bischof. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die diözesanen Strukturen im Bistum seit 2008 systematisch umgangen und ausgehebelt wurden“, sagt deshalb auch Dorothea Nassabi aus Eschborn vom Vorstandsteam der Reformbewegung.

Ihr Vorstandskollege Peter Auras aus Lahnstein fragt nach der Lernfähigkeit der katholischen Kirche. Die kirchlichen Strukturen hätten in allen zurückliegenden Skandalen, bei Missbrauchsfällen, den dubiosen Geldgeschäften der Vatikanbank oder auch im Limburg Bistum unter Bischof Tebartz-van Elst versagt. Nur auf sie bei einem Neuanfang zu setzen, macht deshalb nach Einschätzung von Karl-Josef Schäfer keinen Sinn.

Viel Zeit erforderlich

„Wir legen Wert darauf, bei der Auswahl des neuen Bischofs beteiligt zu werden“, sagt Ingeborg Schillai als Vorsitzende des Diözesanversammlung, dem obersten Gremium der Laien im Bistum. Aber so weit sei man noch nicht. Und die Aufarbeitung der Vorgänge unter dem emeritierten Bischof erforderten Zeit, in der zunächst auch einmal die gewählten Gremien des Bistums ihre Rollen wiederfinden und sich über die Vorgänge der vergangenen Jahre austauschen müssten.

Auch unter dem neuen Papst Franziskus scheint sich die Kirche nur bedingt zu öffnen. Nach Einschätzung von Georg Kohl aus Bad Homburg, ebenfalls im Sprecherteam von „Wir sind Kirche“ im Bistum, zeige sich dies ganz deutlich an der Bischofswahl in Freiburg. Dort habe Rom dem Domkapitel eine Dreierliste mit Kandidaten vorgelegt, aus denen der neue Erzbischof zu wählen war. Keiner der dort genannten Kandidaten soll einem Bericht der „FAZ“ nach vom Domkapitel als Kandidat für das Amt nach Rom gemeldet worden sein. Neuer Erzbischof in Freiburg wird Stephan Burger, der dem Domkapitel des Erzbistum angehört und als Kirchenrechtler seit dem Jahr 2007 das dortige Kirchengericht leitet. Burger soll keineswegs mit allen Entscheidungen seines Vorgängers Erzbischof Robert Zollitsch einverstanden gewesen sein.

Nach Einschätzung der Reformgruppe zeigt die Bischofsernennung von Tebartz-van Elst jedoch deutlich, wie dringend geboten die Teilnahme der Gläubigen auch bei der Suche nach einem neuen Bischof ist. Sie sollten das Bischofsprofil formulieren und sich in die Kandidatensuche und die Wahl einmischen. In Freiburg sei dies ganz und gar nicht gelungen.

Tebartz im Gesangbuch

Unterdessen wird Ex-Bischof Tebartz den Gläubigen weiter erhalten bleiben: Im neuen Gesangbuch, das an Pfingsten verteilt wurde. Das Vorwort, den versammelten Liedern und Gebeten vorangestellt, ist unterzeichnet von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Als Datum ist das Kreuzfest im September vergangenen Jahres verzeichnet, da war der Bischof noch im Amt und hatte gerade Besuch durch Kardinal Lajolo aus Rom. Einen Monat später gewährte der Vatikan dem Limburger Bischof eine „Auszeit“.

http://www.fnp.de/rhein-main/Aufarbeitung-nach-Tebartz-Skandal-Reformer-sind-unerwuenscht;art801,890341

Zuletzt geändert am 12­.06.2014