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Veröffentlicht am 25­.01.2015

Familien-Synode / Kardinal Marx

Wir sind Kirche: Bemerkenswerte Positionen von Kardinal Marx, aber noch mangelnde Beteiligung des Kirchenvolkes zur Familien-Synode

Pressemitteilung München/Rom, 25. Januar 2015

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt die Aussagen von Kardinal Reinhard Marx zur gelebten Sexualität und zur Stellung der Frauen in der Kirche und ruft zur Solidarität mit allen Menschen in der Kirche auf, die den gegenwärtigen kirchlichen Moralvorstellungen und Rechtsnormen nicht entsprechen. In einem beachtlichen Interview mit der amerikanischen Jesuitenzeitschrift „America“ (KNA 23.1.2015) hat sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz zu einigen zentralen Fragen der Familien-Synode deutlich positioniert und sollte darin jetzt vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz unterstützt werden, der am 26. und 27. Januar 2015 in Berlin tagt.

Die deutschen Bischöfen sollten aber auch genau erklären, wie sie den erneuten Anweisungen Roms nachkommen wollen, alle Gliederungen in den Ortskirchen in die Entwicklung konkreter Lösungsvorschläge für die Fortsetzung der Familien-Synode im Oktober 2015 einzubeziehen. Und sie sollten sich entschieden dafür einsetzen, dass bei der Ordentlichen Bischofssynode im Herbst 2015 noch sehr viel mehr als bisher Experten und Expertinnen der verschiedenen nicht nur theologischen Fachgebiete sowie vor allem auch sogenannte „Laien“, die über sehr unterschiedliche Familienerfahrungen verfügen, rede- und stimmberechtigt an der kommenden Synode teilnehmen können.

Rom will Beteiligung aller (!) Glieder der Ortskirchen

Wörtlich heißt es in den „Lineamenta“: „Die Bischofskonferenzen sind eingeladen, … die entsprechenden Modalitäten zu wählen, um dabei alle Glieder der Teilkirche, akademische Einrichtungen, Organisationen, Vereinigungen und andere kirchliche Instanzen einzubeziehen“. In die offizielle deutsche Übersetzung war dieser Satz erst Mitte Januar 2015 eingefügt worden, nachdem vatikanische Stellen und die Deutsche Bischofskonferenz darauf aufmerksam gemacht worden waren, dass dieser wichtige Satz in der ersten offiziellen deutschen Übersetzung des Vatikans noch nicht enthalten war, im italienischen Original vom 9. Dezember 2014 und in den anderssprachigen Übersetzungen dagegen schon.

Bereits das Abschlussdokument der Außerordentlichen Bischofs-Synode 2014 (Relatio Synodi vom 18. Oktober 2014) erwartete die „Einbeziehung des ganzen Gottesvolkes“ und erteilt den Bischöfen einen konkreten Arbeitsauftrag: „Die vorliegenden Überlegungen, Ergebnis der Synodenarbeit, … möchten Fragen stellen und Perspektiven aufzeigen, welche in dem Jahr, das uns von der Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode trennt, durch die Reflexion der Ortskirchen heranreifen und präzisiert werden sollen“.

In einem Schreiben an die deutschen Bischöfe vom 9. November 2014 hatte Wir sind Kirche bereits Beispiele für oft diskutierte Kernfragen formuliert, zu denen sich die katholische Kirche in Deutschland unmissverständlich äußern sollte:
1. ein Neuverständnis der Sexualität, die vom Paradigma ganzmenschlicher Beziehung her entwickelt das Grundverständnis der Ehe bestimmt,
2. eine gründliche Differenzierung dessen, was die Kirche unter „Unauflöslichkeit der Ehe“ versteht, dies ohne Verdrängung der Ausnahmeregelungen von Matthäus (5,32; 19,9) und Paulus (1 Kor 7,15),
3. eine gründliche und dogmengeschichtlich verantwortete Klärung des sakramentalen Charakters der Ehe, der zu einer einseitigen Verrechtlichung des Eheverständnisses geführt hat,
4. die definitive Entdiskriminierung von Homosexuellen und Homosexualität, die über den Aufruf zu einem freundlichen Umgang mit dieser Gruppe von Personen hinausgehen muss, mit allen ethischen und kirchenrechtlichen Folgen, sowie
5. eine überzeugende Stellungnahme gegen eine jegliche Diskriminierung von Frauen innerhalb und außerhalb der Kirche mit den bekannten Folgen für das Verständnis des kirchlichen Amtes.

Arbeitshilfe der Bischofskonferenz zur Familien-Synode

Mit ihrer Arbeitshilfe Nr. 273 vom 22. Dezember 2014 hat die Deutsche Bischofskonferenz wichtige und hilfreiche Informationen zur zurückliegenden Familien-Synode 2014 zusammengestellt. Die Bischofskonferenz muss sich jedoch fragen lassen, warum die bereits am 24. Juni 2014 von ihr verabschiedeten Überlegungen zur Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu Buße und Kommunion im Einzelfall erst jetzt, also so lange nach Abschluss der ersten Familien-Synode dem Kirchenvolk zur Kenntnis gegeben werden. Im Kern handelt es sich ohnehin um Positionen, die von vielen pastoral verantwortlich handelnden Seelsorgern und Seelsorgerinnen bereits seit Langem praktiziert werden.

Die Tatsache, dass eine große Mehrheit der deutschen Bischöfe sich zu theologisch verantwortbaren und pastoral angemessenen Wegen bekennt, und auch das jüngste Interview mit Kardinal Marx in der Zeitschrift „America“ geben Anlass zur Hoffnung, dass sich die Teilnehmenden der deutschen Kirche an der kommenden Synode in Rom mit aller Kraft für eine von Barmherzigkeit, aber auch von Gerechtigkeit getragene Regelung einsetzen werden. Die Pastoral für geschiedene Wiederverheiratete gehört zu den drängenden Herausforderungen, vor allem auch für die vielen direkt bei der Kirche oder bei kirchlichen Einrichtungen Beschäftigten. Für die etwa 150.000 kirchlichen Angestellten sowie die rund 500.000 Beschäftigten der Caritas in Deutschland bedeutet die derzeit geltende Kirchliche Grundordnung in vielen Fällen eine existenzielle Bedrohung. Hierzu haben die deutschen Bischöfe für das Frühjahr 2015 neue Regelungen angekündigt, die zu keiner automatischen Kündigung im Falle einer Wiederheirat führen sollen.

Wir sind Kirche-Arbeitshilfe zur Familien-Synode

Mit einer eigenen Arbeitshilfe „Familien-Synode – Das geht uns alle an!“ unterstützt Wir sind Kirche den von Papst Franziskus initiierten „synodalen Prozess“ in Deutschland. Die Arbeitshilfe lädt dazu ein, sich mit der offiziellen Lehre und Pastoral von Ehe, Familie und Sexualität kritisch auseinanderzusetzen und neue, zeit- und schriftgemäße Konzepte zu entwickeln: denn ohne weiterführende Grundlagenarbeit greift auch die Synode zu kurz. Zahlreiche Aktionsvorschläge, eine Auflistung aller offiziellen Dokumente und Papstansprachen der ersten Synodenphase 2014 sowie Lese-Tipps runden die Arbeitshilfe ab. Die 36-seitige Arbeitshilfe kann im Internet (www.wir-sind-kirche.de) abgerufen oder für 3 Euro pro Stück plus Versand bei der KirchenVolksBewegung bestellt werden: Wir sind Kirche, Postfach 65 01 15, 81215 München, Tel: 08131-260 250, Fax: 08131-260 249, E-Mail: bestellen@wir-sind-kirche.de.

Pressekontakte Wir sind Kirche-Bundesteam:
Sigrid Grabmeier Tel: 0170-8626290, grabmeier@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux Tel. 0176-41266392, Famlux@t-online.de
Christian Weisner Tel. 0172-5184082, presse@wir-sind-kirche.de


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Wir sind Kirche-Arbeitshilfe „Familien-Synode – Das geht uns alle an!“:
www.wir-sind-kirche.de/?id=674

Texte und Dokumente der DBK zur Familien-Synode 2014:
www.dbk-shop.de/de/deutsche-bischofskonferenz/arbeitshilfen/texte-dokumente-bischofssynode-2014.html

Interview mit Kardinal Reinhard Marx in der Jesuiten-Zeitschrift „America“, 22.1.2015:
http://americamagazine.org/issue/cardinal-marx-francis-synod-women-church-and-gay-relationships

Kardinal Marx redet Klartext: Wir müssen für Wiederverheiratete Wege zur Eucharistie suchen
> kath.ch 23.1.2015

"Unmöglich, jeden Tag in Sünde zu leben"
> katholisch.de 24.1.2015

Zuletzt geändert am 26­.01.2015