26.2.2016 - DPA
Sexualisierte Gewalt: Kircheninitiative für Profis zur Aufarbeitung
Osnabrück (dpa/lni) - Die kritische Laienbewegung «Wir sind Kirche» fordert von den deutschen Bistümern einen professionelleren Umgang bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Sie glaube etwa dem Hildesheimer Bischof Norbert Trelle durchaus, dass er die Aufklärung von Missbrauchsvorwürfen gegen einen früheren Pfarrer wolle, sagte am Freitag Sigrid Grabmeier aus dem «Wir sind Kirche»-Bundesteam in Osnabrück. «Die Aufklärung solcher Dinge sollte in den Bistümern aber besser Personen mit einer speziellen Ausbildung und nicht dem Personalchef überlassen werden», sagte sie. Von Freitag bis Sonntag treffen sich rund 80 Teilnehmer zur Bundesversammlung der Initiative in Osnabrück.
Nach Missbrauchsvorwürfen gegen einen früheren Pfarrer des Bistums Hildesheim will das Bistum einen unabhängigen Gutachter bestellen. Bischof Trelle war bei der Aufarbeitung des Falles zunächst in Kritik geraten und hatte später selbst Fehler eingeräumt.
Grabmeier gestand der Kirche aber zu, grundsätzlich einen guten Weg bei der Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt eingeschlagen zu haben. Die Kirche habe nach einem langen und schmerzhaften Lernprozess richtige Entscheidungen getroffen.
Für die Opfer sei jedes Defizit bei der Aufarbeitung schmerzhaft, sagte Grabmeier. Andererseits sei der Aufarbeitungsprozess begonnen worden. «Etwas Vergleichbares hat es in Deutschland noch nicht gegeben, und wenn Fehler gemacht wurden, kann man aus ihnen lernen.»
Sexualisierte Gewalt sei immer noch ein Tabuthema in der gesamten Gesellschaft. Möglicherweise könne diese von den Erfahrungen der katholischen Kirche lernen, weil dies ein Beispiel sei, wie mit solchen Fällen innerhalb einer Institution umgegangen werde. Sie rechne damit, dass mit den Flüchtlingen das Thema sexualisierter Gewalt auf neuen Wegen ins Land komme, sagte Grabmeier. «Wir müssen uns gewärtig sein, dass das ein Thema ist, das in vielen Kulturen überhaupt noch nicht aufgearbeitet ist.» Auch darauf müsse sich die Gesellschaft einstellen.
Kritik übte das «Wir sind Kirche»-Team an dem Dialogprozess zwischen den Bischöfen und den Laien in der Kirche. Es sei kein Gespräch unter Gleichberechtigten gewesen, sondern ein Gespräch von oben nach unten. Aus dem Abschlussdokument seien keine konkreten Ergebnisse ableitbar, bemängelte Bundesteam-Mitglied Magnus Lux.
Auch wenn von Papst Franziskus viele positive Impulse ausgegangen seien, unbefriedigend sei nach wie vor der Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen und mit Homosexuellen.
Zuletzt geändert am 01.03.2016