22.1.2019 - greenpeace-magazin.de
Oh, wie schön wird Panama für den Papst?
Zwischen zwei Weltmeeren, Sandstränden und den Glitzerfassaden von Panamas moderner Hauptstadt trifft sich der katholische Nachwuchs in diesen Tagen zum Weltjugendtag. Doch auch bei aller Festlichkeit lässt den Vatikan die Missbrauchsdebatte nicht los.
Panama-Stadt (dpa) - Der Weltjugendtag in Panama könnte für Papst Franziskus vorübergehend Abwechslung bringen - nach all den Missbrauchsskandalen, die die katholische Kirche jüngst so schwer erschüttert und alles andere überdeckt haben. Schon der preisgekrönte Autor Janosch («Oh, wie schön ist Panama») wusste den Wert des mittelamerikanischen Landes mit dem bekannten Handelskanal zu schätzen. Tatsächlich erscheint Panama mit seinen etlichen naturbelassenen Stränden und Urwäldern im Hinterland als Traumreiseland. Doch selbst wenn das Treffen der katholischen Jugend dort zu einem Erfolg wird - der Papst muss sich schon in Kürze wieder mit der Missbrauchsthematik beschäftigen.
Wissenswertes ...
... zur VERANSTALTUNG: Weltjugendtage gibt es alle zwei bis drei Jahre. An wechselnden Orten kommen zu diesem Anlass katholische Jugendliche aus aller Welt zusammen, um ihren Glauben zu feiern. Initiator war Papst Johannes Paul II. (1920-2005). «Weltjugendtage sind große Festivals, die der Begegnung dienen, die die Internationalität der katholischen Kirche erfahrbar machen», sagt Christian Weisner von der katholischen Reformbewegung «Wir sind Kirche». «Man kann Weltjugendtage als reine Missions- und Werbeveranstaltungen kritisieren - aber sie sollen auch zeigen, dass sich die Amtskirche für die Anliegen der Jugend interessiert.»
... zum diesjährigen WELTJUGENDTAG: Nach seiner Eröffnung am späten Dienstagabend (MEZ) dauert der Weltjugendtag bis Sonntag. Es ist nach den Veranstaltungen in Buenos Aires (1987) und Rio de Janeiro (2013) der dritte in Lateinamerika. Franziskus reist erst am Mittwoch an, soll spät abends landen und bei seiner Ankunft von 2000 Gläubigen begrüßt werden. Die Zahl der erwarteten Pilger fällt mit 150 000 allerdings geringer aus als zuletzt prognostiziert - zuvor hatte es stets geheißen, mehr als 200 000 Wallfahrer würden kommen. Aus Deutschland sind rund 2300 Pilger vor Ort. Bei der Abschlussmesse am Sonntag, an der nicht nur Jugendliche teilnehmen können, werden aber deutlich mehr Menschen erwartet.
... zu den THEMEN: Der Weltjugendtag findet keine drei Monate nach der Jugendsynode im Vatikan statt. Die Bischöfe der Welt hatten sich damals unter anderem darauf geeinigt, dass Frauen in der Kirche mehr zu sagen haben sollten. Im Abschlussdokument war allerdings die Spaltung der Kirche bei der Frage nach dem Umgang mit Homosexuellen deutlich geworden. Weisner forderte, auch in Panama müsse darüber debattiert werden, wie sich die Kirche Jugendlichen, deren Lebenswelten und vor allem Frauen weiter öffne. «Die Sexuallehre und die sexualisierte Gewalt in unserer Kirche müssen in Panama thematisiert werden, auch um die Jugendlichen konkret vor Ort zu schützen.» Ob es dazu kommt, ist offen: Das offizielle Programm ist stark auf Mission und Spiritualität angelegt.
... zur MISSBRAUCHSDEBATTE: Auch die weltweiten Skandale um den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in katholischen Kirchen und Einrichtungen dürften allenfalls am Rande Thema sein. Der Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Stefan Oster, sagte, der Skandal werde die Kirche zwar ohne Frage weiter beschäftigen. Er stehe aber nicht im Mittelpunkt des Weltjugendtags. Dennoch: «Ich nehme mal an, der Papst wird das Thema auch ansprechen, das soll nicht ausgeblendet werden.»
Danach aber wird das Thema schnell zurück in den kirchenpolitischen Blickpunkt rücken: Wenn die Spitzen der nationalen Bischofskonferenzen aus aller Welt - darunter auch der deutsche Kardinal Reinhard Marx - vom 21. bis 24. Februar im Vatikan zusammenkommen, sind international die Erwartungen hoch. Welche Konsequenzen wird es geben, und wird sich die Kirche auf Reformen verständigen?
... zu PANAMA: Das Land ist in den vergangenen Jahren international durch die «Panama Papers» in Verruf geraten - unter Bezug auf Machenschaften des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca, der Steuer- und Geldwäschedelikte sowie Strategien zur Steuervermeidung begünstigt oder beeinflusst haben soll. Abseits der starken Finanzbranche ist Panama eines jener wenigen reizvollen Länder mit vielen Stränden und viel Sonne, das von der Tourismuswirtschaft noch nicht komplett erdrückt wird. Für Franziskus ist es die erste Reise nach Panama, wo sich 86 Prozent der Bevölkerung zum katholischen Glauben bekennen.
... zur Bedeutung für LATEINAMERIKA: Für viele Gläubige wirkt der Papstbesuch wie Balsam für die problemgeplagte Region. Armut, Gewalt und Korruption machen den Menschen in Zentralamerika das Leben schwer. Hunderttausende versuchen deshalb jedes Jahr, die Region in Richtung USA zu verlassen. Viele der Jugendlichen, auf die der Papst in Panama treffen werde, seien selbst Migranten, sagte der kommissarische Vatikan-Sprecher Alessandro Gisotti.
Der Glaube und die Hoffnung auf Gottes Geleit bei ihrer Flucht stellt für viele Migranten einen festen Anker dar. Für zahlreiche Gläubige ist die katholische Kirche angesichts korrupter Regierungen die letzte vertrauenswürdige Instanz. Weisner forderte, der Papst und die Bischöfe müssten die Situation der Tausenden lateinamerikanischen Migranten, die angesichts der verheerenden Zustände Richtung USA marschieren, auch offen ansprechen.
Zuletzt geändert am 22.01.2019