8.-10. Dezember 2023 in Würzburg

Wir sind Kirche-Tagung "Freude und Hoffnung ..." und 49. öffentliche-Bundesversammlung

„Freude und Hoffnung ...“ war der angesichts der Welt- und Kirchenlage provozierende Titel der Wir sind Kirche-Tagung, die die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ in den Blick nahm. Worüber sollen, dürfen, können wir uns freuen, worauf und auf wen setzen wir unsere Hoffnung, was hoffen wir, wie setzen wir uns für unsere Hoffnung ein?

Diese Tagung und unsere 49. Bundesversammlung fanden wieder in der „Synodenstadt Würzburg“ und an einem symbolträchtigen Datum statt: Am 7. Dezember 1965 wurde die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ von Papst Paul VI. in Kraft gesetzt und am 8. Dezember 1965 wurde das Konzil feierlich beendet. Am 10. Dezember 1948 verkündeten die UN die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“.

Hauptreferent am Samstagvormittag war der ehemalige Grazer Pastoraltheologe Prof. Dr. Rainer Bucher. Sein Thema: „Das II. Vatikanum: Mehr als ein Reformkonzil. Seine revolutionäre Spiritualität – und warum wir sie dringend brauchen“. Am Samstagaben sprach der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose über "Menschenrechte und Kirche".

​Turnusgemäße Wahl des Bundesteams

Das am 9. Dezember 2023 in Würzburg neu gewählte Bundesteam: Christian Weisner, Konrad Mundo, Susanne Ludewig, Sigrid Grabmeier, Lioba Hochstrat und Heinrich Mix


In das jetzt wieder sechsköpfige Bundesteam wurden am 9. Dezember 2023 (wieder)gewählt: Sigrid Grabmeier (61, Deggendorf, Bistum Regensburg), Lioba Hochstrat (34, Mönchengladbach, Bistum Aachen, seit 11. Januar 2023 kooptiert), Susanne Ludewig (58, Kassel, Bistum Fulda), Heinrich Mix (77, Hannover, Bistum Hildesheim), Konrad Mundo (69, Berlin, Erzbistum Berlin, neu) und Christian Weisner (72, Dachau, Erzbistum München und Freising).

Die Unterstützung der Reformagenda des Synodalen Weges in Deutschland, die theologische Weiterarbeit an den zentralen Reformpunkten des "Synthese-Papiers" der Weltsynode 2023 zur Vorbereitung der Weltsynode 2024 in Rom, die Vernetzung mit anderen Reformkräften im In- und Ausland sowie die Beteiligung am Katholikentag 2024 in Erfurt: Das sind die wesentlichen Schwerpunkte der Arbeit der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche für die kommenden zehn Monate.

Tagungsteil: 58 Jahre Zweites Vatikanisches Konzil

Hauptreferent am Samstagvormittag war der ehemalige Grazer Pastoraltheologe Prof. Dr. Rainer Bucher. Sein Thema: „Das II. Vatikanum: Mehr als ein Reformkonzil. Seine revolutionäre Spiritualität – und warum wir sie dringend brauchen“.

„Die Machtverhältnisse zwischen Individuum und den ehemals mächtigen Verwaltern der Religion haben sich gedreht“, so begann Bucher seine anschauliche Beschreibung der Rahmenbedingungen von Religion in der Moderne. Der Kern der Glaubwürdigkeitsprobleme der römisch-katholischen Kirche liege im Selbstwiderspruch, wenn die Kirche Menschenrechte in der Gesellschaft eingeklage, intern aber nur defizitär verwirkliche.

Das II. Vatikanische Konzil (1962-65) sieht Bucher als Jahrhundertprojekt, als großen Akt der Traditionsbildung des katholischen Christentums. Es sei notwendig geworden, weil sich die katholische Kirche ab Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend der Verpflichtung verweigert hatte, den Glauben in die liberale Zivilisation der entwickelten Moderne zu inkulturieren. Das Konzil erkannte Religionsfreiheit, Menschenrechte und Ökumenismus als genuine Konsequenzen des Evangeliums an. Die Pastoralkonstitution Gaudium et spes sehe das konkrete solidarische Handeln der Kirche in der Welt von heute als jenen Ort, an dem sich die Präsenz des Evangeliums zeigen und bewähren muss.

Das Konzil nahm daher grundlegende Perspektivenwechsel vor: Barmherzigkeit statt Strafe, der Kampf für die Menschenrechte statt für die Kirchenrechte und der Glaube an den universalen Heilswillen Gottes statt Heilsausschluss der anderen sollten das Handeln der Kirche leiten.

Die Themen des Synodalen Weges sieht Bucher als notwendige nachholende Entwicklung, aber noch nicht als ausreichende Bedingungen für die Zukunft der katholischen Kirche. Es bestehe ein manifestes Defizit an Konkretionsräumen des Christlichen und dies speziell im Bereich der individuellen Glaubenspraktiken.

Hier machte Prof. Bucher vier Vorschläge, die er auch der KirchenVolksBewegung mit auf den Weg gab:

  • Nur als wirkliches, uneingeschränktes Freiheitsprojekt im Horizont von Gottes Gnade ist der Glauben und das Glauben überhaupt christlich zu denken und zu rechtfertigen.
  • Es sind alle Orte und Projekte in der Pastoral zu stärken, die den konkreten Herausforderungen der „Zeichen der Zeit“, den neuen Realitäten der Gegenwart, nicht ausweichen.
  • Die christliche Spiritualität aus allen Jahrhunderten und Traditionen der Christentumsgeschichte und auch der Gegenwart sollte einen viel prominenteren Raum in den alltäglichen Praktiken der Kirche einnehmen.
  • Die Botschaft ist nicht für die Kirche da, sondern die Kirche für ihre Botschaft. Der Solidaritätsimperativ der Pastoralkonstitution Gaudium et spes ist nur zu erfüllen, wenn sich Kirche den neuen Realitäten in einem offenen Prozess des wechselseitigen Lernens aussetzt.

Tagungsteil: 75 Jahre Menschenrechte

Anlässlich des 75. Jahrestages der Proklamation der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen, die am 10. Dezember 1948 verkündet wurden, referierte der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose am Samstagabend zum Thema „Menschenrechte und Kirche“. Während sich die römisch-katholische Kirche nach außen stark für die Menschenrechte einsetze (so auch Papst Johannes Paul II.), seien die Menschenrechte (vor allem Artikel 3 „Recht auf Leben...“ und 7 „Diskriminierungsverbot“) innerhalb der Kirche noch lange nicht erfüllt. Aber mit der Ablehnung der Todesstrafe hat Papst Franziskus eine grundlegende Neuausrichtung vollzogen, wenn er 2017 sagte: „... das veränderte Bewusstsein im Volke Gottes, das eine positive Haltung gegenüber einer Strafe ablehnt, die die Würde des Menschen schwer verletzt. Stattdessen muss deutlich festgestellt werden, dass die Todesstrafe eine unmenschliche Maßnahme ist, die – wie auch immer sie ausgeführt wird – die Würde des Menschen herabsetzt. Sie widerspricht in ihrem Wesen dem Evangelium …“ (Ansprache zum 25. Jahrestag der Veröffentlichung des Katechismus der katholischen Kirche). Die Menschenrechte können damit als neues Verständnis christlicher Wahrheit gesehen werden.

 

Synodaler Weg in Deutschland und Begleitung der Weltsynode in Rom

— Wir sind Kirche: Synodalität auf allen Ebenen! Aber wie kann das gehen? Und was können WIR tun?
> Wir sind Kirche PowerPointPräsentation als PDF      
PPT bestellbar bei: presse@wir-sind-kirche.de

Das Treffen mit Delegierten aus ganz Deutschland, Vertretern von „Frauenwürde e.V.“, „Homosexuelle und Kirche“, "offen.katholisch" sowie der Jugenddelegierten der Plattform Wir sind Kirche Österreich ging am Sonntag mit dem Gottesdienst „Wir feiern das Leben in all seinen Farben“ zu Ende.

Trotz der schwierigen Wetterlage und des Bahnstreiks haben mehr als 50 Menschen an der Tagung und 49. Bundesversammlung in Würzburg in der Jugendbildungsstätte Unterfranken teilgenommen, wo schon 2008, 2010 und 2019 Bundesversammlungen stattfanden.

Die 50. Bundesversammlung ist für den 2. März 2024 online geplant. Für den Herbst bereitet Wir sind Kirche wieder eine KirchenVolksKonferenz vom 18. bis 20. Oktober 2024 in Köln vor.

 

> Programm mit Anmeldeabschnitt Papier (PDF 2 Seiten)

> Online-Anmeldeformular

Plakat zum Aushang in der Gemeinde oder als Handzettel zum Verteilen
> farbig       > schwarz-weiß zum Ausdruck auf weißem oder hellgelbem Papier

Tagungsort: Jugendbildungsstätte Unterfranken (Berner Straße 14, 97084 Würzburg)
> Lageplan

neu Bericht des Bundesteams Oktober 2021 bis Dezember 2023
> PDF 25 Seiten (2,8 MB)


Prof. Dr. Rainer Bucher 
2000 bis 2022 Universitätsprofessor und Vorstand des Instituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie an der Fakultät Katholische Theologie der Universität Graz. 

Burkhard Hose
seit 2008 Seelsorger der Hochschulgemeinde Würzburg, Mitinitiator von Out in Church und Autor u.a. von „Verrat am Evangelium?: Für eine Kirche, die sich zu den Menschenrechten bekennt“
 

 

> Pressemitteilung vom 10.12.2023       > Presse-Echo   (ab 8. Dezember 2023)

 

Buch-, Lese-, Hör-Tipps zum Thema Menschenrechte:

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
>Link

Geschichte der UN-Menschenrechtserklärung
> Link

Pierre Stutz, Helge Burggrabe: Menschlichkeit jetzt
> Patmos-Verlag 2021, ISBN: 978-3-8436-1251-7, 120 Seiten 10 Euro  
> Trailer zum Buch

Burkhard Hose: 75 Jahre Menschenrechtserklärung: Ein Grund zum Feiern?
> Christ in der Gegenwart 10.12.2023

Burkhard Hose: Verrat am Evangelium? - Für eine Kirche, die sich zu den Menschenrechten bekehrt
> Vier-Türme-Verlag 2023, ISBN:  978-3-7365-0458-5, 160 Seiten, 20 Euro

Thomas Klatt: Vor 60 Jahren gestorben: Il Papa Buono
Darin wird die Enzyklika "Pacem in terris" von Johannes XXIII als Menschenrechte und Frauenrechts-Enzyklika bezeichnet.
> deutschlandfunk.de 5. Juni 2023

Papst Johannes XXIII. am 10. Oktober 1963  bei der Konzilseröffnung (Neun Monate später verstarb er):
„Der Augenblick ist gekommen, die Zeichen der Zeit zu erkennen, die Möglichkeiten zu ergreifen, die unsere Zeit uns bietet und in die Zukunft zu blicken. Mehr denn je sind wir heute darauf ausgerichtet, überall die Rechte der Menschen zu verteidigen – nicht nur diejenigen der Katholiken und der katholischen Kirche.“  

Kolumne von Christian Weisner: Menschenrechte in der Kirche 
> Zeitung Maria 2.0, Juli 2023

Human rights and religions
Recommendation, Invitation and Appeal (2015)
Conference of INGOs of the Council of Europe
> English     > French

Full report: Droits de l’Homme et Religions / Human Rights and Religions
Conference of INGOs of the Council of Europe: human rights and religions (june 2013) 160 Seiten
> English     > French

Anerkennung der Menschenrechte und Ächtung des „gerechten Krieges“
> Wir sind Kirche zum 50. Jahrestag der Enzyklika „Pacem in terris“ (11. April 2013)

Wir sind Kirche fordert Menschenrechte auch innerhalb der römisch-katholischen Kirche ein
> Wir sind Kirche Bundesversammlung 25.-27. März 2011

„Bei euch aber soll es nicht so sein - Menschenrechte in der Kirche“
Prof. Dr. Walter Kirchschläger und Prof. Dr. Heribert Franz Köck auf der Wir sind Kirche-Veranstaltung bei der Konziliaren Versammlung am 19. Oktober 2012 in Frankfurt/Main, 40 Seiten  
> Heft per Email bestellen
> Download als PDF

„Menschenrechte und Mitbestimmung in der Kirche“
Prof. DDr. Heribert Franz Köck und Univ. Prof. DDr. Gotthold Hasenhüttl auf der Bundesversammlung am 26. März 2011 in Fulda
> Heft per Email bestellen
> Download als PDF (158 KB)
> Download gekürzte Fassung Referat Prof. Köck aus "imprimatur" 5/2011

Martha Heizer / Hans Peter Hurka (Hg.): Mitbestimmung und Menschenrechte. Plädoyer für eine demokratische Kirchenverfassung
> topos Taschenbuch 763, 2011, ISBN 978-3-8367-0763-3, 763

OSKAR DANGL: KIRCHE UND MENSCHENRECHTE WÜRDE, GLEICHHEIT, PÄDAGOGIK
https://kphvie.ac.at/fileadmin/pro/pro/mere/wuerde/Kirche_und_Menschenrechte.pdf

 

 

Zuletzt geändert am 21­.02.2024