Kardinal Kasper / Bischof Koch

Wechsel auf der „Baustelle für die Zukunft der Kirche“

Zur Ablösung von Kardinal Walter Kasper als Präsident des „Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen“ durch Bischof Kurt Koch

Pressemitteilung München / Rom, 1. Juli 2010

Die deutsche KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche hofft sehr, dass der von Papst Benedikt zum neuen Präsidenten des „Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen“ ernannte Baseler Bischof Kurt Koch die Arbeit in der Ökumene und im interreligiösen Dialog mit gleichem Elan und Geschick weiterführen wird, wie dies Kardinal Walter Kasper in den vergangenen elf Jahren getan hat.

Für Koch spricht, dass er als Schweizer die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen aus eigener Erfahrung kennt. Möglicherweise soll die Ernennung von Bischof Koch, der bis zur Ernennung seines Nachfolgers noch Apostolischer Administrator seiner bisherigen Diözese ist, auch einer zunehmenden Entfremdung der vergleichsweise autonomen Schweizer Kirche (Stichwort: Kirchenfinanzierung, Wahl von Pfarrern und Bischöfen) vom Vatikan entgegenwirken.

Besorgniserregend ist jedoch Kurt Kochs Wende um 180 Grad bezüglich des Opus Dei, die der früher scharfe Kritiker des Opus Dei in einer vom Opus Dei zum 100.Geburtstag seines Gründers Escrivá herausgebrachten Publikation deutlich werden ließ. Darin schreibt Koch, der neue Heilige sei „ein leuchtender Stern für die Kirche auf ihrem Weg im dritten Jahrtausend“. (César Ortiz, Hrsg., Josemaría Escrivá – Profile einer Gründergestalt, Köln 2002) Als er noch Theologieprofessor in Luzern war, hatte Koch dem Vatikan eine „universalkirchliche Instrumentalisierung von Opus Dei“ vorgehalten: es werde als Werkzeug „zur Disziplinierung der Ortskirchen und ihrer Bischöfe verstanden und eingesetzt“. Der Name „Werk Gottes“ stelle eine „ekklesiologische Arroganz“ dar.

Der jetzt vollzogene Wechsel wirft die drängende Frage auf, warum der nach wie vor sehr agile Kardinal Walter Kasper nicht bis zum 80. Lebensjahr im Amt bleiben konnte, wie es für Kardinäle üblich ist, und er nicht einmal das 50-jährige Bestehen des vatikanischen Einheitsrates im Herbst dieses Jahres als Präsident erleben und gestalten kann.

Man kann vermuten, dass die vorzeitige Ablösung der Tatsache geschuldet ist, dass der aus der sogenannten „Tübinger Schule“ stammende Kardinal Kasper und einstige Assistent von Hans Küng – bei aller Loyalität zum damaligen Präfekten der Glaubenskongregation Joseph Ratzinger und jetzigen Papst Benedikt XVI. - auch eigene theologische und pastorale Akzente gesetzt hat (Stichworte: Kirchenverständnis, unterschiedliche Bewertung des Schreibens „Dominus Iesus“ im Jahr 2000, Schreiben der drei oberrheinischen Bischöfe Kasper, Lehmann und Saier zur Seelsorge an Geschiedenen und Wiederverheirateten im Jahr 1994).

Noch gut in Erinnerung ist der über die „Stimmen der Zeit“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ im Jahr 2000 geführte Disput mit Joseph Ratzinger über das Verhältnis von Universal- und Ortskirche. Kasper lehnte ein Hervorgehen der Ortskirchen aus der universalen Kirche als historisch unzutreffend ab, weil die „Kirche ... von Anfang an in und aus Ortskirchen“ bestand. Er sah in dem Konzept Ratzingers den „Versuch einer theologischen Restauration des römischen Zentralismus“ am Werk. Diese theologische Auseinandersetzung auf dem Feld katholischer Ekklesiologie war für ihn auch von ökumenischer Bedeutung.

Nach Jahrzehnten des Aufeinanderzugehens steht es schlecht wie selten um die Ökumene – zumindest auf der Ebene der Kirchenleitungen. Doch Kasper hat sich immer wieder bemüht, die Scharten auszuwetzen, die Papst Benedikt schlug – etwa als dieser in der Karfreitagsliturgie wieder für die Bekehrung der Juden beten ließ oder einen Holocaust-Leugner unter den Traditionalistenbischöfen rehabilitierte.

Bei der ernüchternden Feier des zehnten Jahrestages der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre am Reformationstag 2009 in Augsburg sagte Kardinal Kasper in Augsburg: „Wir werden auf dem weiteren Weg Geduld, aber ebenso auch Ungeduld brauchen. Beides gehört zum Reich Gottes.“ Es gebe nicht nur in Deutschland viele Menschen, „die sehnsüchtig und ungeduldig auf die eine Kirche am einen Tisch des Herrn warten, die dafür beten und die sich dafür einsetzen, dass alle eins sind.“

Die Kirche in Deutschland und die Weltkirche sind Walter Kardinal Kasper zu tiefem Dank und hohem Respekt für seine Arbeit verpflichtet, wie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch zu Recht schreibt. Sein Rücktritt hinterlässt eine große Lücke in der Ökumene, die Kasper selber als „Baustelle für die Kirche der Zukunft“ bezeichnet hat.


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Zuletzt geändert am 01­.07.2010