Bischofskonferenz in Fulda (Ende)

Wir sind Kirche begrüßt Dialoginitiative der Bischofskonferenz, bedauert aber anhaltendes Zögern in der Missbrauchsfrage

Pressemitteilung Fulda / München, 26. September 2010

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt sehr die Dialoginitiative, die der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, zum Abschluss der Herbstvollversammlung in Fulda angekündigt hat.

Bereits das bemerkenswerte Eröffnungsreferat des Freiburger Erzbischofs, in dessen Bistum in zwei Jahren der nächste Katholikentag stattfinden wird, zeigte die Bereitschaft, über die aktuelle Krise hinaus (die durch das Aufdecken der viel zu lange vertuschten sexualisierten Gewalt in der Kirche offenbar wurde) die viel tiefer greifende Kirchenkrise in den Blick zu nehmen, die auch der „Trendmonitor Religiöse Kommunikation 2010“ (www.mdg-online.de; im Auftrag der Unternehmungsberatung der DBK) erst kürzlich wieder deutlich aufgezeigt hat.

Bei der Dialoginitiative ist zu hoffen, dass jetzt wirklich alle Bischöfe den Mut finden, der Intention des Zweiten Vatikanischen Konzils gemäß das ganze „Volk Gottes“ in einen strukturierten Dialog einzubinden, also die verschiedenen Räte, die katholischen Verbände und Vereine, das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) als offizielle „Laien“-Vertretung, aber auch kirchliche Initiativen und auch die Menschen, die sich schon am Rande der Glaubensgemeinschaft sehen. Das 50-jährige Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65), für das „Dialog“ und „Communio“ zentrale Begriffe waren, ist ein guter Anlass, mit der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ (Freude und Hoffung) sich der gegenwärtigen Situation der Kirche in Deutschland und ihrer Herausforderungen zuzuwenden.

Der Dialog muss offen und ohne Denkverbote erfolgen und auch die schon altbekannten, aber nach wie vor brennenden pastoralen „Reizthemen“ wie Eucharistie und Amt, Gemeindeleitung durch „Laien“, Rolle der Frauen, Sexuallehre und Sakramentenempfang für wiederverheiratete Geschiedene umfassen. Die von zahlreichen Theologinnen und Theologen sowie von den in Deutschland vorhandenen „Laien“-Strukturen und Reformgruppen vorliegenden konkreten Vorschläge für eine spirituelle und strukturelle Erneuerung der Kirche sollten von den Bischöfen nicht ignoriert werden. Die vom ZdK bereits Anfang der 1990-er Jahre (also noch vor dem 1995 von 1,8 Millionen Menschen in Deutschland unterzeichneten KirchenVolksBegehren) konstatierte Dialogverweigerung der Bischöfe darf sich nicht wiederholen. (ZdK-Erklärung „Dialog statt Dialogverweigerung. Wie in der Kirche miteinander umgehen? http://www.zdk.de/data/erklaerungen/pdf/Dialog-Papier_BuD_090_DIN_A4_13p_1209118874.pdf)

Der jetzt vorgestellten Dialoginitiative ist mehr Erfolg zu wünschen als dem „Dialog für Österreich“, der als Antwort auf das 1995 in Österreich gestartete KirchenVolksBegehren mit großen Erwartungen im Jahr 1997 begonnen, aber dann sehr bald auf Drängen Roms wieder beendet wurde. Die deutschen Bischöfe sollten sich deshalb von der großen Mehrheit der Gläubigen ermutigt fühlen, immer wieder die immer drängender werdenden pastoralen Anliegen in Rom gemeinsam in aller Deutlichkeit zur Sprache bringen, damit die schon lange aufgestauten Reformthemen endlich auch im Vatikan wahrgenommen werden.

Noch kein überzeugendes Signal bei Entschädigung und Prävention
Es ist als mutiger und wichtiger Schritt zu würdigen, dass der Vorsitzende der DBK, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch – wie auch Papst Benedikt XVI. bei seiner England-Reise – schwere Fehler der römisch-katholischen Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen eingeräumt hat. Bei allem anerkennenswerten Bemühen von Erzbischof Dr. Zollitisch und vom Missbrauchsbeauftragten der DBK, des Trierer Bischofs Dr. Stephan Ackermann, war es jedoch kein gutes Signal, dass konkrete Aussagen zur finanziellen Entschädigung der Opfer auf den „Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch“ der Bundesregierung am 30. September in Berlin vertagt wurden und dass bis heute noch keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch liegen, die der institutionellen Verantwortung der römisch-katholischen Kirche gerecht werden. Zur Prävention wurde in Fulda nur eine Rahmenordnung vorgelegt, die von den einzelnen Ortsbischöfen erst noch mit Inhalt zu füllen sein wird.

Die finanzielle Entschädigung ist sicher nur ein – wenn auch unverzichtbarer – Baustein bei der Aufarbeitung der z.T. jahrzehntelang vertuschten Verbrechen. Notwendig sind auch wirklich unabhängige Beratungsstellen, die Kostenübernahme von Therapien, die Entwicklung von Ritualen der Versöhnung sowie weitreichende Präventionsmaßnahmen für mögliche Opfer und Täter. Bezüglich der finanziellen Entschädigungen muss aber von vorneherein klar sein, dass diese nicht aus dem Kirchensteueraufkommen finanziert werden dürfen (denn damit würden ja alle Gläubigen zur Kasse gebeten werden), sondern von den Tätern bzw. aus den Extra-Haushalten der einzelnen Bischofsstühle.

Schon bei den am 31. August 2010 von Bischof Dr. Stephan Ackermann vorgelegten überarbeiteten Leitlinien wurde nicht mehr von einem „einheitlichen“ sondern nur von einem „abgestimmten“ Vorgehen in Deutschland gesprochen, was vermuten lässt, dass nach wie vor erhebliche Unterschiede im Problembewusstsein und in der Handlungsbereitschaft innerhalb der Bischofskonferenz bestehen. Schwachpunkte der Leitlinien sind vor allem die nach wie vor zu geringe Unabhängigkeit der zuständigen Ansprechstellen sowie der wieder größere Ermessensspielraum der einzelnen Bischöfe z.B. bei der Wiedereinsetzung von Tätern.

Weitere Informationen:
Christian Weisner: 0172-5184082
E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de
Homepage: www.wir-sind-kirche.de







"Zukunft der Kirche – Kirche für die Zukunft"
Plädoyer für eine pilgernde, hörende und dienende Kirche
Impulsreferat des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, zur Eröffnung der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda am 20. September 2010
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Zuletzt geändert am 27­.01.2011