Papstbesuch und Papstbuch

Wir sind Kirche: Papstbesuch und Papstbuch müssen Dialoge eröffnen

Pressemitteilung München/Berlin/Rom, 22. November 2010

Zur angekündigten Deutschlandreise und zum Interview-Buch „Licht der Welt“

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Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt den für September 2011 angekündigten offiziellen Besuch von Papst Benedikt XVI. in seinem Heimatland Deutschland. „Aber es wäre gut, wenn dieser Besuch als Dialogreise und nicht als Missionsreise gestaltet würde“, erklärte Christian Weisner vom Bundesteam der katholischen Reformbewegung. „Dann könnte dieser Papstbesuch auch ein Baustein für die von den deutschen Bischöfen für das kommende Jahr angekündigte ‚Dialoginitiative’ mit den Gemeinden und sogenannten ‚Laien’ sein.“

Angesichts der noch lange nicht aufgearbeiteten Missbrauchsskandale und der Umbruchsituation, in der sich die römisch-katholische Kirche in unserem Land befindet, wird es nach Ansicht von Wir sind Kirche allerdings eine sehr schwierige Reise werden. Die Doppelrolle des Papstes als Kirchen- und Staatsoberhaupt ist ein problematischer Spagat. Auch wenn es ein Staatsbesuch sein wird, bleiben viele pastorale und theologische Fragen etwa zur kirchlichen Sexualmoral, zur Zulassung von Frauen und verheirateten Männern zum katholischen Priesteramt oder zum gemeinsamen Abendmahl von Katholiken und Protestanten auf der Tagesordnung. Hier wie auch in der Integrationsdebatte und beim Umgang mit dem Islam erwarten immer mehr Christen und Christinnen, dass Papst Benedikt im Sinne eines Pontifex oder Brückenbauers nicht zur Polarisierung beiträgt, sondern zum Dialog bereit ist.

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Wenn das in dieser Woche erscheinende Interview-Buch „Licht der Welt“ des Papstes eine neue, ehrliche und dringend notwendige Dialogkultur über brennende Zeitfragen und die kirchliche Sexuallehre eröffnet, so wird dies von Wir sind Kirche mit Aufmerksamkeit wahrgenommen.

Die über die Medien bekannt gewordenen Aussagen des Papstes zum Gebrauch von Kondomen in begründeten Einzelfällen lassen aufhorchen, zeigen sie doch, dass der Papst endlich zur Kenntnis genommen hat, dass auch Kondome eine wichtige Aufgabe bei der HIV-Vorbeugung haben. Wenn sich diese Aussage allerdings nur auf (männliche) Prostituierte beziehen würde, so wäre dies ein neuerlicher, unverzeihlicher Affront gegen alle Eheleute und vor allem gegen die Frauen, die besonders in Afrika von AIDS betroffen sind. Denn bereits im November 2006 hatte der Päpstliche Rat für die Krankenpastoral dem Papst in einem Gutachten empfohlen, die Kirche sollte es nicht mehr für unmoralisch halten, wenn ein Ehepaar Kondome benutzt, sofern einer der Partner mit dem HI-Virus infiziert ist.

Bisher ist nicht abzusehen, dass das neue Buch eine Kehrtwende in zentralen theologischen, pastoralen und sittlichen Fragen bringt. Aber es wäre schon viel gewonnen, wenn die Äußerungen des Papstes eine innerkirchliche Diskussion auslösen würden, die beispielsweise in der Kondom-Frage diejenigen Bischöfe, Seelsorger und Ordensleute unterstützt, die in ihrer Arbeit mit AIDS-Kranken und in der Prävention schon jetzt auch den Gebrauch von Kondomen nicht ausschließen.

Unsere Kirche braucht eine grundlegende Änderung in der Einstellung zur Sexualität, eine „positive Bewertung der Sexualität“, wie sie auch Punkt 4 des KirchenVolksBegehrens fordert und wie sie im Wir sind Kirche-Positionspapier „Sexualität als Leben spendende Kraft“ vom November 2008 ausformuliert wurde.
www.wir-sind-kirche.de/files/844_PositionSexualethik2.pdf.

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Buchtipp: „Macht, Sexualität und die katholische Kirche. Eine notwendige Konfrontation“
Die von Wir sind Kirche mitherausgegebene deutsche Übersetzung des Buches des australischen Bischofs Geoffrey Robinson ist in der Publik-Forum-Edition erschienen (ISBN: 978-3-88095-196-9). Auf Anfrage übersenden wir Ihnen gerne das Buch als PDF zur Rezension.


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Zuletzt geändert am 22­.11.2010