Papst Johannes Paul II.

Wir sind Kirche: Seligsprechung eines bemerkenswerten, aber widersprüchlichen Papstes MULTILINGUAL


Pressemitteilung München / Rom, 14. Januar 2011

Papst Johannes Paul II., dessen Seligsprechung am 1. Mai 2011 heute angekündigt wurde, ist ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswerter aber auch widersprüchlicher Papst, der in seinem Heimatland Polen bereits jetzt wie ein Nationalheiliger verehrt wird. Sicher verdient Johannes Paul II. im Hinblick auf die Befreiung vom Kommunismus sowjetischer Prägung, auf die Demokratisierung seines Heimatlandes Polen, auf seine anhaltenden Bemühungen um den Weltfrieden sowie auf seine besonderen Beziehungen zu den Juden größte Anerkennung.

Doch bei allem Respekt vor der Persönlichkeit und Frömmigkeit von Johannes Paul II. hält Wir sind Kirche die Seligsprechung für äußerst problematisch. Dabei geht es weniger um die Anerkennung eines für die Seligsprechung erforderlichen „Wunders“, sondern vor allem um die langjährige enge Verwobenheit des Papstes mit den Legionären Christi (einer katholischen Ordenskongregation päpstlichen Rechts) und deren Gründer P. Marcial Maciel LC.

P. Marcial Maciel LC (1920-2008) wird jahrzehntelanger schwerer Missbrauch gegen Kinder, Jugendliche und Frauen vorgeworfen, über die der Vatikan und auch Papst Johannes Paul II. seit 1983 informiert gewesen sein sollen. „Das extrem schwerwiegende und objektiv unmoralische Verhalten von P. Maciel, das durch unumstößliche Beweise bestätigt worden ist, besteht bisweilen in wirklichen Straftaten und offenbart ein skrupelloses Leben ohne echten religiösen Sinn“, heißt es in der „Erklärung des Heiligen Stuhls zur Apostolischen Visitation der Kongregation der Legionäre Christi vom 1. Mai 2010“ (http://www.va/resources/resources_comunicato-legionari-cristo-2010_ge.html)

2010 räumte Benedikt XVI. ein, dass die Verantwortlichen der zuständigen vatikanischen Kongregationen „leider nur sehr langsam und verspätet“ auf den Missbrauchs-Skandal um den Gründer der Kongregation der Legionäre Christi reagiert hätten. Umso verwunderlicher ist dagegen die Eile, mit der Benedikt XVI. den Prozess zur Seligsprechung seines Vorgängers schon kurz nach seiner Beisetzung im April 2005 eingeleitet hat.

Normalerweise darf der Seligsprechungsprozess erst fünf Jahre nach dem Tod der betreffenden Person eingeleitet werden. Überhaupt ist zu fragen, womit die Häufung der Selig- und Heiligsprechungsverfahren von Päpsten der Neuzeit zu begründen ist. Bei der Mehrzahl der kanonisierten Päpste handelt es sich um Märtyrer der ersten drei Jahrhunderte (siehe Aufstellung unten).

Nach Auffassung von Wir sind Kirche war Johannes Paul II. ein Papst vieler großer Gaben, aber auch vieler falscher Entscheidungen. Seine Tragik liegt in der großen Diskrepanz zwischen seinem Einsatz für Reformen und Dialog in der Welt und dem unter seiner Verantwortung vollzogenen innerkirchlichen Rückfall in zentralistische Strukturen. Obwohl selber Konzilsteilnehmer, hat Johannes Paul II. viele Fenster und Türen in der Kirche geschlossen, die im Zweiten Vatikanischen Konzil so vielversprechend geöffnet worden waren. So hat er u.a. 1994 in dem Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ das Verbot des weihebasierten Amtes für Frauen in die Nähe der Unfehlbarkeit gerückt und jede Diskussion darüber untersagt. Mangelnde innerkirchliche Dialogbereitschaft und die Unterdrückung zahlreicher am Konzil orientierten Theologien, wie z.B. der Befreiungstheologie, die unter seiner Verantwortung durch den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation Kardinal Joseph Ratzinger und jetzigen Papst Benedikt XVI. vollzogen wurde, haben zu einem Klima lähmender Angst und theologischer Erstarrung in der römisch-katholischen Kirche geführt, das bis heute anhält.


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Selig- und Heiligsprechungen seit dem 15. Jahrhundert
(http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Päpste)
Pius V. (1566–1572) Heiligsprechung 1712
Innozenz XI. (1676–1689) Seligsprechung 1956
Pius IX. (1846–1878) Seligsprechung 2000
Pius X. (1903-1914) Heiligsprechung 1954
Joh XXIII. (1958-1963) Seligsprechung 2000







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Zuletzt geändert am 14­.04.2014