Bischofskonferenz Regensburg (3)

Wir sind Kirche zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Regensburg

„Die Aufbrüche an der Kirchenbasis haben längst begonnen“

Pressemitteilung, 1. März 2012

Zum Stand des Gesprächsprozesses der deutschen Bischöfe

„Von dem auf dem Höhepunkt der Missbrauchskrise von den Bischöfen initiierten Gesprächsprozess erwarten die Gläubigen nicht nur eine ‚Kirche des Zuhörens’ und ‚geistliche Erneuerung’, sondern auch ganz konkrete pastorale Schritte“, erklärt die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischofskonferenz in Regensburg. Dazu zählen vor allem ein neues gleichberechtigtes Miteinander von Priestern und sogenannten Laien, die Zulassung zu den Sakramenten für nach einer Scheidung Wiederverheiratete, die volle Akzeptanz homosexuell lebender Menschen sowie eine ernsthafte Prüfung der Öffnung des Diakonats für Frauen.

Die in Österreich entstandene Pfarrer-Initiative und viele andere Aufbrüche in Deutschland und weltweit zeigen, dass die Kirchenbasis jetzt an vielen Orten zu Recht und mit gutem Gewissen selber Verantwortung übernimmt, wenn die Kirchenleitung keine plausiblen Antworten auf die drängenden pastoralen Probleme gibt.

Solange nicht alle Bischöfe zu einem offenen Dialog ohne Denkverbote über die Zukunft der Kirche bereit sind und ihn auch in Rom mit all seinen Konsequenzen verteidigen, so die katholische Reformbewegung, wird die Glaubwürdigkeit der römisch-katholischen Kirche weiter rapide absinken und werden weiter Hunderttausende aus der Kirchengemeinschaft austreten. Gerade die hochengagierten Kirchenmitglieder lassen sich nicht länger mit Pro-Forma-Dialogen und schönen Visionen vertrösten, wenn gleichzeitig die Zusammenlegungen und Schließungen von Pfarreien (aktuell besonders im Bistum Augsburg) massiv vorangetrieben werden unter Verweis auf den durch den Pflichtzölibat bedingten Priestermangel.

Die vom Papst mit dem „Jahr des Glaubens“ angestrebte „Neuevangelisierung“ wird nur möglich sein, wenn sich die Kirche in sich und mit der Welt als dialogfähig erweist. Dabei dürfen Glaubensfragen und Strukturfragen nicht gegeneinander ausgespielt werden, denn gerade auch kirchliche Strukturen predigen. Die Neuevangelisierung greift auch viel zur kurz, wenn sie sich nur auf eine neue Verbreitung des alten Katechismuswissens bezieht, sondern erfordert eine neue Inkulturation des Christentums für die Menschen, die in modernen, demokratischen Staaten leben. Viele Menschen innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche sind enttäuscht, dass es auf Grund der vielen innerkirchlichen Konflikte keine wegweisenden Orientierungen aus Rom und von den Bischöfen in Fragen der sozialen Gerechtigkeit und für das kulturelle Zusammenwachsen Europas gibt.


Umstrukturierung im Bistum Augsburg

Es ist empörend, dass durch Anweisung des erst seit einem Jahr im Amt befindlichen Augsburger Bischofs Dr. Robert Zdarsa am Kirchenvolk vorbei tausend Pfarreien zu 200 Seelsorgeeinheiten fusioniert werden. Außerdem soll auf das Engagement von 16.000 gewählten Pfarrgemeinderatsmitgliedern verzichtet werden und sollen Wortgottesdienste an Sonntagen (bis auf wenige Ausnahmefälle in Kranken- und Altenheimen) verboten werden. Durch die Schließung von 800 Pfarrbüros, allein aus Effizienzgesichtspunkten, verliert die Kirche ihre Präsenz im ländlichen Bereich.

Es bleibt zu hoffen, dass es Kardinal Marx und anderen Bischöfen noch gelingt, Bischof Zdarsa von diesen Maßnahmen abzuhalten, die nicht dem Gedanken des Konzils folgen und die die Aufrechterhaltung kirchlichen Lebens gerade auf dem Land mehr als gefährden.

Am Sonntag, 4. März 2012, werden als Zeichen des Protestes und der Ablehnung Tausende von Gläubigen im Bistum Augsburg unter dem Motto: „Wir umarmen unsere Kirche“ Menschenketten um die jeweiligen Gotteshäuser bilden (siehe auch http://pfingsterklärung.de).


Entwicklungsperspektiven von Fakultäten und Hochschuleinrichtungen

Als gefährlichen „Brain-Drain“ sieht Wir sind Kirche, dass es nach dem Priestermangel nun auch einen generellen Mangel an Studierenden der Theologie an den deutschen Hochschulen gibt, wie der auf der Bischofskonferenz vorgelegte Bericht zeigt. Schon das Theologen-Memorandum vor genau einem Jahr hatte die problematische Distanz des katholischen Lehramts, also der Bischöfe, von der theologischen Entwicklung und pastoralen Praxis deutlich gemacht. Von daher ist es wenig verwunderlich, aber sehr bedauerlich, dass sich immer weniger Frauen und Männer für das Studium der Theologie entscheiden. Dieser Negativtrend wird nur durch bessere Beschäftigungsmöglichkeiten im kirchlichen Dienst und vor allem durch eine wissenschaftliche Freiheit in Lehre und Forschung gestoppt oder gar umgekehrt werden können. Die Erklärung »Für die Freiheit der Theologie« ist 1968/69 sogar von Joseph Ratzinger unterzeichnet worden, dem heutigen Papst Benedikt XVI.


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Zuletzt geändert am 02­.03.2012