Eucharistischer Kongress

Wir sind Kirche: Kasper lenkt von dringenden Themen kirchlicher Erneuerung ab

Pressemitteilung München / Köln, 9. Juni 2013

Mit seiner Verunglimpfung kirchlicher Reformbemühungen bei der Katechese vor 700 Klerikern beim Eucharistischen Kongress in Köln hat Kardinal Walter Kasper dem innerkirchlichen Dialogprozess und dem ökumenischen Dialog keinen guten Dienst erwiesen. Während er die Fragen nach Diakoninnen, Frauenordination oder den Zölibat zu „Insiderfragen“ und „Nebenkriegsschauplätzen“ erklärt, bleibt er die Antwort schuldig, wie die Gottes- und Christusfrage wirklich neu gestellt und lebendig gehalten werden kann – außer durch einen Rückzug auf die „Dimension des Heiligen“, eine Sakramentalisierung hierarchischer Strukturen und eine unreflektierte Sakramenten-Katechese. Doch nach Ansicht von Wir sind Kirche können die aktuellen Probleme der römisch-katholischen Kirche nicht mit Rezepten des 19. Jahrhunderts gelöst werden.

Kardinal Kasper übersieht die Tatsache, dass die innerkirchliche Hintansetzung von Frauen, Verheirateten und Homosexuellen die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft schon seit Jahrhunderten massiv beschädigt. Allen reformwilligen Mitchristinnen und Mitchristen unterstellt er, sie würden die Gottes- und Christusfrage sträflich vernachlässigen, ohne zu reflektieren, wie sehr die offizielle Kirche selbst seit Jahrhunderten ein autoritäres und sexistisches Gottes- und Christusbild propagiert und damit den Unglauben weltweit gefördert hat. Wären die Reformwilligen nicht von einem tiefen Gottes- und Christusglauben getragen, hätten sie die Gemeinschaft der römisch-katholischen Kirche schon längst verlassen.

Wenn Kardinal Kasper von „Diktatur des Relativismus“ und „political correctness“ spricht, hat er – der selber lange angesehener Professor für Dogmatik in Tübingen war – von der wahren Freiheit eines Christenmenschen wenig begriffen. Das „Heutigwerden“ des Glaubens, von dem der Konzilspapst Johannes XXIII. gesprochen hat, verwechselt er mit dem „Zeitgeist“, dem nicht nachgegeben werden dürfe, wie es die Protestanten getan hätten. Die vom Kirchenvolk, aber auch von immer mehr Priestern, Ordensleuten, Bischöfen und Kardinälen dringend angemahnten Reformen nennt er „Tabubruch“ und belegt Andersdenkende mit Begriffen wie „indiskret, taktlos, distanzlos, ehrfurchtslos und letztlich unerträglich“.

Die „Dimension des Heiligen“ soll wieder im Mittelpunkt stehen, ohne dass er sich vor Augen hält, wie sehr Glaubwürdigkeit und Ansehen durch die Finanz-, Missbrauchs- und Vertuschungsskandale der „heiligen Kirche“ gelitten haben und noch immer leiden. Er mahnt die Erneuerung der Beichte an, ohne dass er darauf hinweist, wie sehr diese Frömmigkeitspraxis Jahrhunderte lang von den Klerikern als Machtmittel missbraucht und zum Kontrollsystem degradiert wurde.

Kardinal Kasper hat Recht: Wir brauchen eine theologische Wende, aber anders, als der Kardinal meint: Die Theologie heute muss die Gegenwartsfragen ernst nehmen und aus dem Licht der biblischen Botschaft deuten; die unchristlichen hierarchischen Strukturen der römisch-katholischen Kirche dürfen nicht länger sakramentalisiert und mit Argumenten wie Kontinuität und Tradition gerechtfertigt werden. Es bleibt nur zu hoffen, dass auch Kardinal Walter Kasper den von Papst Franziskus kritisierten Narzissmus bald zur Kenntnis nimmt.


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Wortlaut der Katechese von Kardinal Walter Kasper am 7. Juni 2013
vor Bischöfen, Priestern, Diakonen und Priesterkandidaten aus ganz Deutschland:

http://www.eucharistie2013.de/fileadmin/redaktion/bilder/Bildergalerien/news_ab050613/downloads/2013-06-07-K-Kasper-Katechese.pdf

Zuletzt geändert am 09­.06.2013