Kirchenstatistik 2014

„Der Exodus ist noch lange nicht gestoppt“

Pressemitteilung München, 17. Juli 2015

Wir sind Kirche zu den erneut dramatischen Kirchenaustrittszahlen 2014

Als hoch dramatisch wertet die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche die heute veröffentlichten Zahlen der Kirchenaustritte im Jahr 2014, die mit 217.716 deutlich über dem Vorjahreswert (178.805) und sogar über dem Spitzenwert von 181.193 Kirchenaustritten im Krisenjahr 2010 liegen, als in Deutschland die systematische Vertuschung sexualisierter Gewalt ans Licht kam.

Trotz der großen Hoffnungen, die viele Menschen mit dem seit mehr als zwei Jahren in Rom um Reformen bemühten Papst Franziskus verbinden, ist der Exodus aus der Kirchenmitgliedschaft, die in Deutschland durch die Kirchensteuerzahlung definiert ist, noch lange nicht gestoppt. Dies kann nicht nur durch religiöse oder gesellschaftliche Trends erklärt werden. Enttäuschend ist z.B. das Fehlen greifbarer Ergebnisse des „Gesprächsprozesses“, den die deutschen Bischöfe nach der Aufdeckung des jahrzehntelangen Missbrauchsskandals im Jahr 2010 initiierten.

Nur wenn sich alle deutschen Bischöfe endlich entschieden und aus vollem Herzen zum pastoralen und reformerischen Kirchenkurs von Papst Franziskus und des Konzils bekennen, besteht die Chance, dass dieser Exodus gestoppt oder gar umgekehrt werden kann. Aber auch der Ausgang der Familien-Synode in diesem Oktober wird von vielen als entscheidender Testfall dafür angesehen, ob die römisch-katholische Kirche grundsätzlich erneuerungsbereit und erneuerungsfähig ist oder nicht.

Der bisherige Verlauf der Familien-Synode hat die zunehmende Entfremdung der Amtskirche von der Lebenswelt der Menschen deutlich aufgezeigt. In Deutschland ist aber auch der weiterhin fortschreitende massive Rückbau pastoraler Strukturen verantwortlich zu machen. Der pastorale Sparkurs mit Pfarreizusammenlegungen und XXL-Gemeinden, weil es immer weniger Priester gibt, ist der falsche Weg und muss schnellstmöglich korrigiert werden. Sind es doch gerade die Gemeinden vor Ort, wo Kirchenbindung entsteht und Gemeinschaft solidarisch gelebt werden kann. Nicht zuletzt dürfte allerdings auch das fehlende „aggiornamento“ der Theologie eine entscheidende Rolle spielen für die schwindende Akzeptanz des christlichen Glaubens.

Die Zufriedenheitsstudie vom März 2015 im Bistum Münster, das besonders rigorose Gemeindefusionen betrieben hat, sieht 22 Prozent der KatholikInnen als austrittsgefährdet an. Als Hauptgrund für einen etwaigen Kirchenaustritt wird oft die vermeintliche Rückständigkeit der Kirche genannt, gefolgt von der Kirchensteuer und der Enttäuschung beziehungsweise dem Ärger über die Kirche. Der Austritt aus der Kirchensteuergemeinschaft ist dann das letzte Mittel des Protestes, um die Bischöfe abzumahnen.

Während es 1990 noch 28,2 Mio. KatholikInnen in Deutschland gab, sind es 24 Jahre weniger als 24 Mio. Abnehmende Taufzahlen und zunehmende Sterbezahlen führen zu einer dramatisch kumulierenden Negativentwicklung. Dieser seit langem andauernde Trend des inneren und äußeren Auszugs aus der Kirchengemeinschaft geht an die Substanz der Kirche – wenn auch derzeit nicht in finanzieller Hinsicht. Denn trotz der wieder stark angestiegenen Kirchenaustrittszahlen verzeichnen die beiden großen Kirchen aufgrund der guten allgemeinen Wirtschaftslage Rekordeinnahmen bei den Kirchensteuern, allein 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 für die römisch-katholische Kirche – von den anderen Zuwendungen aus Staats- und Sozialkassen ganz zu schweigen. Der vergleichsweise geringe Rückgang der Zahl der Katholikinnen und Katholiken z.B. im Erzbistum München und Freising (-0,7 Prozent) ist nur dem Zuzug aus dem Ausland in den Ballungsraum München zu verdanken, dem derzeit stärksten Wachstumsraum Europas.

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Zuletzt geändert am 17­.07.2015