Herbstvollversammlung DBK

„Den Reformkurs von Franziskus noch viel stärker unterstützen als bisher!“

Pressemitteilung München/Fulda, 21. September 2015

Wir sind Kirche zur Vollversammlung der deutschen Bischofskonferenz 21.-24. September 2015 in Fulda

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche, hofft, dass die deutschen Bischöfe auf ihrer Herbst-Vollversammlung in Fulda endlich den Mut „zu neuen Wegen, kreativen Methoden und anderen Ausdrucksformen” finden, so wie es Papst Franziskus den Bischöfen Europas gewünscht hat. (> Radio Vatikan, 11.9.2015).


Flüchtlingsarbeit: Gebot christlicher Nächsten- und Fremdenliebe

Die Bereitschaft der Kirchen, sich den großen Herausforderungen bei der Aufnahme der vielen Flüchtlinge in Europa und Deutschland stellen zu wollen, wird von Wir sind Kirche begrüßt und unterstützt, entspricht dies doch dem ureigensten Gebot christlicher Nächsten- und Fremdenliebe. Dazu sollten die Bischöfe aber endlich auch den massiven Rückbau pastoraler Strukturen (wie Gemeindeschließungen und -zusammenlegungen) beenden. Sind es doch gerade die Pfarrgemeinden vor Ort, wo Hilfe und Begegnung konkret geleistet werden können.
Die Aufgaben auch der Kirchen sind immens: hier die Asylsuchenden aufzunehmen und langfristig zu integrieren; und in den Herkunftsländern die Fluchtursachen zu bekämpfen. Aber, so Papst Franziskus im Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ (202): „Solange die Probleme der Armen nicht von der Wurzel her gelöst werden, … werden sich die Probleme der Welt nicht lösen und kann letztlich überhaupt kein Problem gelöst werden.“ Weder Europa noch die römisch-katholische Kirche können eine Arche Noah sein.

Familien-Synode: Papst Franziskus ist auf die Unterstützung der deutschen Bischöfe angewiesen

Bei dieser zweiten „Familien-Synode“ wird und muss es um die ganz konkreten Lebenssituationen der Eheleute und Familien gehen, die heute weltweit größten Spannungen und Herausforderungen ausgesetzt sind. Deshalb ist ein „aggiornamento“, so wie es Papst Johannes XXIII. mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil angestoßen hat, endlich auch in der Weiterentwicklung der katholischen Ehelehre und Ehepastoral unerlässlich.
Mit einem Offenen Brief, der konkrete Reformen der katholischen Ehelehre und Sexualmoral einfordert, hatte Wir sind Kirche sich an die deutschen Teilnehmer der im Oktober 2015 in Rom stattfindenden Ordentlichen Bischofssynode gewandt.
Wir sind Kirche begrüßt den Reformwillen der Mehrheit der deutschen Bischöfe, der dem drängenden Wunsch der großen Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken in Deutschland entspricht. Im Weltmaßstab scheinen die deutschen Bischöfe zu den Fortschrittlicheren zu gehören. Andere Bischofskonferenzen sind noch nicht einmal der „Bitte“ des Papstes nachgekommen, konkrete Lösungsvorschläge nach Rom zu senden.
Von der Synode werden zu Recht Ergebnisse erwartet. Zumindest für die geschiedenen Wiederverheirateten sollte eine zufriedenstellende Lösung gefunden werden.
Bevor allerdings durch vorschnelle Entscheidungen Wege in die Zukunft verbaut werden, wird die Verschiebung mancher Beschlüsse und die Anberaumung einer weiteren Synodenversammlung in zwei oder drei Jahren als notwendig angesehen. Die nationalen und regionalen Bischofskonferenzen im Sinne der von Papst Franziskus befürworteten Dezentralisierung sollten mehr Eigenverantwortung erhalten bzw. einfordern. Damit könnte entsprechend den unterschiedlichen kulturellen Vorgaben ein differenzierteres Verständnis von Sexualität, Ehe und Familie entwickelt werden.
Der Offene Brief schließt mit einem Appell, sich nicht von den Vorhaltungen anderer Bischöfe oder von legalistischen und beharrenden Kräften entmutigen zu lassen. Papst Franziskus ist in ganz besonderer Weise auf die Unterstützung der deutschen Bischöfe angewiesen, damit die von Franziskus erhoffte „Symphonie der Differenzen“ gelingt. Letztendlich geht es um die Frage, ob die römisch-katholische Kirche grundsätzlich erneuerungsbereit und erneuerungsfähig ist, so Wir sind Kirche.

Gesprächsprozess: Fortsetzung auf Augenhöhe und Umsetzung erforderlich

Der vor wenigen Tagen in Würzburg beendete bundesweite bischöfliche Gesprächsprozess muss nach Ansicht von Wir sind Kirche dringend in gleichberechtigter Weise zwischen Kirchenleitung und Kirchenvolk fortgesetzt werden. Die dort angesprochenen Reformvorhaben sollten jetzt sehr schnell umgesetzt werden, damit es nicht bei einem ergebnislosen „Sandkastenspiel“ bleibt. Die jetzt allseits als Erfolg gefeierte gute „Gesprächskultur“ sollte in einer konzilsgemäßen Kirche eigentlich selbstverständlich sein.
Die „Würzburger Synode“ vor 40 Jahren hatte gezeigt, dass die Zusammenarbeit von Kirchenleitung und Kirchenvolk gute Früchte hervorbringen kann. Doch der bisher ausschließlich von den Bischöfen kontrollierte „Dialogprozess“ nach dem Krisenjahr 2010 – dem Jahr der Aufdeckung der lange vertuschten sexualisierten Gewalt in Deutschland – war sehr schnell zu einem unverbindlichen „Gesprächsprozess“ herabgestuft worden. Wir sind Kirche hatte diesen Prozess intensiv mit Offenen Briefen u.ä. begleitet, war aber von den Bischöfen zu keinem der Jahrestreffen eingeladen worden.

Konzilsjubiläum – Heiliges Jahr der Barmherzigkeit

Im Rahmen der Herbstvollversammlung wird ein Festakt zum Konzilsjubiläum stattfinden. Eine nostalgische Schau nach rückwärts würde dem Anliegen des Konzils sicher nicht gerecht. Vielmehr gilt es, das „aggiornamento“ des Konzilspapstes Johannes XXIII. endlich in die Tat umzusetzen. Ein kritischer und ungeschminkter Rückblick auf die letzten 50 Jahre wird zu einer „gefährlichen Erinnerung“ (Johann Baptist Metz) werden, wenn bewusst wird, was alles versäumt worden ist.
Papst Franziskus ist auf dem richtigen Weg, wenn er nicht dekretieren, sondern zuhören will, und zwar nicht nur den Kardinälen und Bischöfen, sondern allen Mitgliedern des Gottesvolkes – eine Wertschätzung des „sensus fidelium“.

Vorbereitung des Ad limina-Besuchs der deutschen Bischöfe im Vatikan (16.-21. November 2015)

Im November steht der Ad limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom an, der sicher ganz anders verlaufen wird als der letzte im Jahr 2006, als Papst Benedikt noch frisch im Amt war. Die deutschen Bischöfe sollten dann ungeschminkt Bericht erstatten, wie es um die Kirche in Deutschland steht, so wie sie es bei der Umfrage zur Familiensynode getan haben. Pastorale Strukturen, die nur an der immer kleiner werdenden Zahl von Priestern orientiert sind, sind mehr als fragwürdig. Die Einbindung der „Laien“ in die Leitung der Gemeinden, neue Zugangswege zum priesterlichen Dienst und auch Ordination von Diakoninnen sind Themen, über die die deutschen Bischöfe mit dem Papst und den Kurialen ins Gespräch kommen sollten.
Das Zweite Vatikanische Konzil hat bereits erklärt, dass Zölibat und priesterlicher Dienst nicht notwendigerweise zusammengehören. Und die römischen Argumente gegen die Ordination von Frauen sind theologisch längst widerlegt.
Angesichts der Weltlage ist es dringend erforderlich, dass die verhältnismäßig reiche deutsche Kirche sich noch mehr einbringt. Vor allem aber sollten die deutschen Bischöfe Papst Franziskus gegen seine Widersacher in der Kurie und bei reformunwilligen Bischöfen weltweit unterstützen.

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Zuletzt geändert am 26­.01.2016