Herbstvollversammlung DBK Fulda (2)

Zweiter Wir sind Kirche-Eilbrief an Bischöfe zum Synodalen Weg

Pressemitteilung München / Fulda, 18. September 2019

Zur Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. bis 26. September 2019 in Fulda, auf der die Bischöfe auch über den Synodalen Weg beraten werden, hat die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche den untenstehenden Eilbrief an die deutschen Bischöfe übermittelt und den Mitgliedern der Vorbereitungsgremien zur Kenntnis gegeben.

Der Dissens innerhalb der Bischofskonferenz und das Schreiben der Kongregation für die Bischöfe in Rom vom 4. September dürften nicht dazu führen, dass der Synodale Weg gestoppt wird, noch bevor er begonnen hat. Weltkirche dürfe nicht gegen Ortskirchen ausgespielt werden. In dem Brief verweist Wir sind Kirche auf den Brief von Papst Franziskus vom 29. Juni 2019 an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland. Darin schreibt Franziskus, es sei „nicht möglich, eine große Synode zu halten, ohne die Basis in Betracht zu ziehen. ... Nur so gelangen wir in Fragen, die für den Glauben und das Leben der Kirche wesentlich sind, zu reifen Entscheidungen.“

Mit diesem zweiten Eilbrief an die Bischöfe will Wir sind Kirche die große Mehrheit der Bischöfe unterstützen, die sich für eine umfassende Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt in der Kirche einsetzen und sich für eine grundlegende Auseinandersetzung mit den vor einem Jahr von der MHG-Studie benannten Risikofaktoren ausgesprochen haben. 

Wir sind Kirche und andere katholische Reformgruppen sehen den von den Bischöfen im März 2019 in Lingen vorgeschlagenen verbindlichen synodalen Weg als wohl letzte Chance, die existenzielle Krise der römisch-katholischen Kirche in Deutschland zu überwinden und damit auch positive Impulse für die Weltkirche zu geben.

Pressekontakt Wir sind Kirche-Bundesteam:
Christian Weisner, Tel: 0172-518 40 82, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de
Magnus Lux, Tel: 0176-41707725, lux@wir-sind-kirche.de

> Erster Wir sind Kirche-Eilbrief an Bischöfe zum Synodalen Weg (5. Juli 2019)

> Reformgruppen zur erweiterten Gemeinsamen Konferenz zum „Synodalen Weg“ 13./14. September 2019

Zweiter Wir sind Kirche-Eilbrief an die deutschen Bischöfe zum Synodalen Weg

Liebe Brüder im bischöflichen Dienst,

nicht nur in Deutschland steht unsere Kirche in einer historischen Systemkrise. Die MHG-Studie hat wesentliche Risikofaktoren der jahrzehntelangen sexualisierten Gewalt von Klerikern und deren Vertuschung durch die Bischöfe benannt und das System Kirche mitverantwortlich gemacht. Die Glaubwürdigkeit der Kirche ist dadurch äußerst schwer erschüttert worden. Jetzt soll der Synodale Weg unter Einbeziehung des ganzen Gottesvolkes Wege aus der elementaren Krise suchen und hoffentlich auch finden.

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche ist sehr betroffen davon, dass es bezüglich des von der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Lingen beschlossenen Synodalen Weges immer noch so viel Zwiespalt gibt; deshalb melden wir uns zu Wort. Der Dissens innerhalb der Bischofskonferenz und das Schreiben der Kongregation für die Bischöfe in Rom vom 4. September dürfen nicht dazu führen, dass der Synodale Weg gestoppt wird, noch bevor er begonnen hat.

Das Zweite Vatikanische Konzils stellt fest, dass die Universalkirche sich aus Ortskirchen zusammensetzt, und sagt von den Ortskirchen: „In ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche“ (Lumen gentium 23). Die Ortskirchen als Teilkirchen zu bezeichnen darf nicht dazu führen, die Bischöfe nur als Abteilungsleiter des Papstes und Vollziehungsgehilfen kurialer Anweisungen zu verstehen, so sehr die Ortskirchen auch an die Weltkirche gebunden sind. Weltkirche darf nicht gegen Ortskirchen ausgespielt werden.

Das heutige Verhältnis der Kirchenleitung zum Kirchenvolk entspricht in vielem nicht der biblischen Aussage. Nach Paulus sind die Leiter nicht die Herren des Glaubens, sondern die Diener, die Mitarbeiter der Freude für die, die im Glauben feststehen (vgl. 2 Kor 1,24). „Freude am Glauben“ kann aber nicht dadurch geweckt werden, dass verbissen an alt-überkommenen Formen und Formeln festgehalten und das auch noch als Feststehen im Glauben dargestellt wird. Gerade Sie als Bischöfe müssten erkennen, dass in der großen Notlage der Kirche heute mehr denn je gilt: Ecclesia semper reformanda. In der Apostolischen Konstitution „Sacramentum Ordinis“ erklärte Papst Pius XII. im Jahr 1947: „So wissen doch alle, dass die Kirche, was sie festgelegt hat, auch verändern und abschaffen kann.“

„Die Laien gehören nicht zur Kirche, sie sind Kirche“ hat schon Papst Pius XII. gesagt. Papst Franziskus bekräftigte das noch einmal in seinem jüngsten Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland. Auch sonst hebt er die Bedeutung der „Laien“ immer wieder hervor und kämpft gegen jedweden Klerikalismus. Unter Bezug auf Lumen gentium 23 spricht er im Brief vom 29. Juni 2019 von einer „Synodalität von unten nach oben“ und dann erst einer „Synodalität von oben nach unten“. Es sei „nicht möglich, eine große Synode zu halten, ohne die Basis in Betracht zu ziehen. ... Nur so gelangen wir in Fragen, die für den Glauben und das Leben der Kirche wesentlich sind, zu reifen Entscheidungen.“ (Brief vom 29. Juni)

Ihnen als Bischöfe, aber auch Mitgliedern des Kirchenvolkes rufen wir zu: „Der sensus fidelium muss endlich wieder ernst genommen werden. Warum habt ihr so große Angst?“ Die Freude am Evangelium, die Freude darüber, dass wir am Kommen des Reiches Gottes mitwirken dürfen, sollte keinen Platz für Angst lassen; denn wir leben mit dem Wort unseres Herrn: „Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20).

Kardinal Reinhard Marx brachte diese Hoffnung in seiner Predigt am 15. September 2019 zum Ausdruck und beklagt eine wachsende Fundamentalisierung: „Fundamental heißt: Wir brauchen keine Lehre von Gott, kein Denken, keine Aufklärung. Man muss dann eben glauben, fertig.“ Dann werde Kirche zu einer Institution, „die um sich selbst kreist und alles weiß, keine Fragen mehr braucht, keine Beratung, keine Wissenschaft“. Und dem stellt er gegenüber: „Es geht nicht nur darum, das und jenes zu verändern. … Vielleicht treten wir doch in eine neue Epoche des Christentums ein.“

Gemeinsam sind wir „Volk Gottes unterwegs“. Gehen wir den Weg gemeinsam, damit die Kirche eine Zukunft hat und Lumen gentium bleibt.

18. September 2019

Für das Wir sind Kirche-Bundesteam
 

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Zuletzt geändert am 18­.09.2019