Vertuschung sexualisierter Gewalt

„Die Wahrheit, so schrecklich sie ist, muss ans Licht“

Wir sind Kirche fordert aktive Rolle des Staates und Kontrolle klerikaler Macht

Pressemitteilung München, Köln, Speyer, Rom, 13. Dezember 2020

Angesichts der ungeheuerlichen Vorgänge sexualisierter Gewalt in einem Kinderheim der Niederbronner Schwestern im Bistum Speyer sieht die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche jetzt den Staat in der Pflicht. Auch das äußerst ärgerliche Verwirrspiel von Kardinal Rainer Maria Woelki um die Veröffentlichung der Missbrauchsgutachten im Erzbistum Köln macht deutlich: Bei der Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Einrichtungen muss der Staat eine deutlich aktivere Rolle als bisher einnehmen. So geschah es seinerzeit in Irland und Belgien. Gegebenenfalls müssen dafür noch die gesetzlichen Grundlagen in Deutschland geschaffen werden. Es kann keine „innere Angelegenheit der Kirche“ sein, wenn Kinder missbraucht oder möglicherweise sogar ermordet werden!

Es braucht eine Kontrolle klerikaler Macht

Bei allen Bemühungen um Aufklärung durch den Speyerer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann und seinen Generalvikar Andreas Sturm: Die Kirchenleitungen, die die römisch-katholische Kirche weltweit in diese fundamentale Glaubwürdigkeitskrise hineingeführt haben, werden es nicht ohne Hilfe von außen schaffen, die Kirche wieder daraus hinausführen. Spätestens seit 2002, als es erste Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz gab, hätte in allen deutschen Bistümern sehr viel verantwortlicher und entschiedener gehandelt werden müssen, als es geschah. Es braucht eine Kontrolle klerikaler Macht!

Auch wenn manche in der Kirchenleitung in Deutschland und in Rom es immer noch nicht wahrhaben wollen: Die von den Bischöfen in Auftrag gegebene MHG-Studie hat ein systemisches Versagen in mehrfacher Hinsicht attestiert. Ein wesentlicher Risikofaktor ist „eine ausgeprägte Asymmetrie von Macht und Kontrolle bei gleichzeitigem Fehlen von Kontaktpersonen, denen sich die Betroffenen hätten anvertrauen und von denen sie sich hätten Hilfe erhoffen können, [der] die Ausübung und Vertuschung von Missbrauchshandlungen erheblich begünstigt hat.“ (www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/dossiers_2018/MHG-Studie-gesamt.pdf Seite 129)

Es braucht tiefgreifende Reformen

Dass Nonnen Priestern und Politikern Kinder für sexualisierte Gewalt zugeführt und dafür sogar Geld erhalten haben, wie dies im Kinderheim der Niederbronner Schwestern wohl geschehen ist, kann nur durch ein Priesterbild erklärt werden, das nicht hinterfragt werden durfte. Deshalb setzt sich Wir sind Kirche entschieden dafür ein, das sakral überhöhte Priesterbild zu erden und die Weihe nicht mehr als Herausheben aus dem Laien*innen-Stand zu verstehen, sondern als Beauftragung zum Dienst für die Menschen. Für Klerikalismus darf kein Platz in der Kirche sein! Es braucht tiefgreifende Reformen in der römisch-katholischen Kirche wie die Abschaffung des Pflicht-Zölibats und die Zulassung der Frauen zu allen Weiheämtern. Dies wird mittlerweile nicht nur von Wir sind Kirche, sondern von immer mehr Katholiken und Katholikinnen mit theologisch guten Argumenten gefordert.

Synodaler Weg einzigartig und unverzichtbar

Wir sind Kirche sieht den von den deutschen Bischöfen gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und externen Expert*innen veranstalteten „Synodalen Weg“ als einzigartiges und unverzichtbares Forum an, Fehlentwicklungen einer absolutistischen und ihre Macht missbrauchenden Kirchenstruktur zu benennen und zu deren Beseitigung beizutragen.

Pressekontakt Wir sind Kirche-Bundesteam:
Magnus Lux, Tel: 0176 41 70 77 25, E-Mail: lux@wir-sind-kirche.de
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Zuletzt geändert am 13­.12.2020