NETZWERK MÜNCHEN zu 1 Jahr Rücktrittsangebot Kard. Marx

"Nur Mut und Gottvertrauen, Herr Kardinal, das Kirchenvolk ist bereit!"

Anlässlich des unerwarteten Rücktrittsangebots von Kardinal Marx vor einem Jahr am 4. Juni 2021 und der ebenso unerwarteten Ablehnung durch Papst Franziskus am 10. Juni 2021 erneuert das Münchner „Netzwerk für eine zukunftsfähige katholische Kirche“ seinen Weckruf an Kardinal Marx, endlich konkrete Reformschritte in seinem Verantwortungsbereich folgen zu lassen. 

Kardinal Marx gehört sicher zu den fortschrittlicheren Bischöfen – in Bayern, in Deutschland, vielleicht sogar weltweit. Als Berater des Papstes im Kardinalsrat trägt er eine große Verantwortung, im Vatikan wie auch in der Kirche in Deutschland. Sein Verdienst ist es, als Antwort auf die deutsche Missbrauchsstudie gemeinsam mit dem Zentralkomitee der Katholiken den Synodalen Weg der Bischöfe initiiert zu haben. Kardinal Marx ist zuzustimmen, wenn er sagt, dass sexueller Missbrauch im Raum der Kirche das "Gesamtsystem in Frage" stellt und die "Kirche als Ganze sich dem Thema stellen" muss. Aber die konkreten Reformschritte im Münchner Erzbistum hinken leider immer noch den Ankündigungen und Betroffenheitsbekundungen hinterher. 

So könnte und sollte allen pastoral Tätigen die dauerhafte Zulassung zur Taufe und Eheassistenz und zu Beerdigungen erteilt werden. Dies ist innerhalb des gegenwärtigen Kirchenrechts möglich und wird in anderen Diözesen schon praktiziert. Zusätzlich erwarten wir die explizite Erlaubnis zur Predigt in Eucharistiefeiern, denn bislang wird die sogenannte Laienpredigt von der Bistumsleitung nur stillschweigend geduldet und unterliegt damit der willkürlichen Entscheidung des jeweiligen Ortspfarrers.

Kardinal Marx gebührt Respekt, mit seinem Rücktrittsangebot eine konkrete Mitverantwortung für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten übernommen zu haben. Mit seinem bemerkenswerten Schritt hat er Maßstäbe gesetzt, an denen sich auch die übrigen deutschen Bischöfe und Kirchenverantwortlichen messen lassen müssen. Aber auch im Münchner Erzbistum verläuft die Zusammenarbeit mit dem Betroffenenbeirat nicht ohne Komplikationen. Die Erschütterung bei der Veröffentlichung des zweiten Münchner Missbrauchsgutachtens am 20. Januar 2022 ist fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Bis auf das Ersetzen des Münchner Offizials Lorenz Wolf durch Peter Förster hat sich wenig verändert. 

Die schnelle Antwort des Papstes, das Rücktrittsgesuch nicht anzunehmen, sollte Kardinal Reinhard Marx als Rückenstärkung verstehen, sich auch weiterhin für den Reformkurs der katholischen Kirche mit seiner Kraft und Kompetenz einzusetzen – hier in seinem Bistum wie auch in ganz Deutschland . Es ist ein Zeichen des Papstes, dass es – dringlicher denn eines personellen Wechsels – vor allem eines mentalen, pastoral-theologischen und spirituellen Wechsels bedarf. Notwendig sind aber auch die seit langem auf der Agenda stehenden konkreten Reformen, um die große Austrittswelle aus der Kirchengemeinschaft zu stoppen und die katholische Kirche wieder glaubwürdiger zu machen. Nur Mut und Gottvertrauen, Herr Kardinal, das Kirchenvolk ist bereit!

Dem Münchner „Netzwerk für eine zukunftsfähige katholische Kirche“ gehören Reformgruppen wie Wir sind KircheMaria 2.0Gemeindeinitiative, Münchner Kreis, OrdensFrauen für MenschenWürde und „Priester im Dialog“, aber auch Mitglieder aus den katholischen Frauenverbänden, dem BDKJ und Betroffeneninitiativen an.
 

Pressekontakt:
Renate Spannig Maria 2.0 München, Tel: 0176 43125959, E-Mail: renate.spannig@gmx.de
Christian Weisner Wir sind Kirche München, Tel: 0172 5184082, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de

 

 

Zuletzt geändert am 08­.06.2022