Dezember 2023 – Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

„Eine schöne Bescherung“

„Die neue Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, an der sich erstmals auch die katholische Kirche beteiligt hat, beschreibt schonungslos die Lage der Kirchen in Deutschland.“,  So textet katholisch.de den Artikel an, in dem diese Untersuchung analysiert wird. Sie wurde zum ersten Mal auch über den gesamten  Bevölkerungsquerschnitt erhoben, nicht nur bei Kirchenmitgliedern. Erschütternd, wie groß die Distanz der Menschen zu den beiden großen Kirchen des Landes ist. Zwei Drittel der evangelischen und drei Viertel der katholischen Kirchenmitglieder erwägen den Austritt aus der Kirchensteuergemeinschaft. Die Protestant*innen vor allem aus Gleichgültigkeit, die Katholik*innen vor allem aus Wut und Enttäuschung. Während die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht bezüglich der Religiosität kaum eine Rolle mehr spielt, so finden sozial Benachteiligte immer weniger Zugang zu den Inhalten der Kirchen. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung in Deutschland findet es wichtig, Gottesdienste zu besuchen. Diese sollten vor allem ein ästhetisches Erlebnis mit ansprechender Predigt und moderner Sprache sein. Mehr hier: https://kmu.ekd.de

Nicht, dass das alles vollkommen neu wäre. Mehrere Sinus-Milieu-Studien deuteten  etwa in die gleiche Richtung, nämlich dass Kirche hauptsächlich von den gut situierten bis wohlhabenden, wertkonservativen und gebildeteren Milieus geschätzt wird und im Leben eine Rolle spielt. In den anderen hingegen wenig bis gar keine.

Erschütternd, ja. Vor allem, weil eine Zielgruppe Jesu, nämlich die Menschen am Rande, die Benachteiligten, die Nicht-Intellektuellen praktisch nicht mehr erreicht werden. Ist das Auftreten der Institutionen zu elitär? Sind diejenigen, die sich darin (noch) engagieren so abschreckend? Selbst wenn die soziale Arbeit der Kirchen positiv wahrgenommen wird, so dringt das was sie verkünden nicht mehr bis in die Herzen der Menschen vor. - Sind die Herzen der Menschen so verhärtet oder gehen die Botschaften nicht zu Herzen?

Eine schöne Bescherung. Immerhin ist Weihnachten für viele noch ein Grund um in die Kirche zu gehen. Und da bekommen sie auch das, was sie sich wünschen: stimmungsvolle Atmosphäre, gepflegte Musik und die bekannten Lieder vom süßen Jesulein mit lockigem Haar, der Krippe und dem Stall.

Wie wäre es mit einem an drei Tagen geöffneten Gemeindehaus mit Gelegenheit zum Aufwärmen, Essen, Reden, Menschendienst für alle, die es brauchen. Ich bin mir sicher, es gibt helfende Hände genug, auch von denen, die keine Gottesdienste besuchen.

Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche-Deutschland

Zuletzt geändert am 25­.01.2024