Synodalität muss und wird zu konkreten Entscheidungen führen

Erste Einschätzung des heute veröffentlichten „Instrumentum laboris“ für die Weltsynode 2024

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche sieht das heute veröffentlichte Arbeitspapier „Instrumentum laboris“ für die zweite Synodalversammlung im Oktober 2024 als realistisches und spannungsreiches „work-in-progress“-Papier. Der von Papst Franziskus im Jahr 2021 gestartete weltweite Synodale Prozess ist und bleibt ein spannungsreicher Lernprozess. In allen Teilen der Welt ist dieser zirkulative Prozess auf viel Zustimmung gestoßen und hat große Erwartungen geweckt. Sehr deutlich werden jetzt aber auch die systembedingten Schwierigkeiten, die die seit dem Ersten Vatikanischen Konzil monarchisch, absolutistisch und zentralistisch verfasste römisch-katholische Weltkirche hat: nämlich zu einer Gemeinschaft des Volkes Gottes aller Getauften zu werden, die ihren Aufgaben in der heutigen Welt entsprechend den jeweils „verschiedenen Kontexten“ (siehe Einleitung und weitere 42 Mal im Text) gerecht werden kann.

Forderungen nach Transparenz und Rechenschaftspflicht

Wir sind Kirche begrüßt die ausführlichen Aussagen bezüglich Transparenz und Rechenschaftspflicht (17 Mal im Text), die für die Kultur und Praxis einer synodalen Kirche als wichtig betrachtet werden. Auch der Klerikalismus wird deutlich kritisiert. Begründet wird dies als notwendige Antwort auf den Glaubwürdigkeitsverlust, der aufgrund von Finanzskandalen und insbesondere sexuellem und anderem Missbrauch von Minderjährigen und schutzbedürftigen Menschen entstanden ist. Dies erfolgt allerdings erst unter Punkt 75. Nicht zu vergessen: Für den Synodalen Weg in Deutschland hat der sexuelle und geistliche Missbrauch den entscheidenden Anstoß gegeben.

Wenn es im „Instrumentum laboris“heißt, den Ortskirchen und ihren Zusammenschlüssen, also den Bischofskonferenzen, solle es obliegen, „wirksame Formen und Verfahren der Transparenz und der Rechenschaftspflicht zu entwickeln, die der Vielfalt der Kontexte angemessen sind, ausgehend von dem zivilen Regelungsrahmen“, so sollte der Vatikan endlich seinen Widerstand gegen den Synodalen Weg in Deutschland aufgeben.

Aber auch auf Weltebene wird entscheidend sein, wie weit die jetzige Kirchenhierarchie bereit sein wird, nicht nur in der Entscheidungsvorbereitung (decision making), sondern auch in der finalen Entscheidung (decision taking) das Volk Gottes repräsentativ zu beteiligen.

Zu begrüßen sind Vorschläge im „Instrumentum laboris“ wie z.B.:

  • dass sich nicht alle Kirchen in jeder Frage notwendigerweise im gleichen Tempo bewegen müssen. Im Gegenteil, unterschiedliche Rhythmen können als Ausdruck legitimer Vielfalt und als Gelegenheit zum Austausch von Gaben und zur gegenseitigen Bereicherung gewertet werden. (95)
  • dass die Bischofskonferenzen als kirchliche Subjekte anzuerkennen seien, die mit lehrmäßiger Autorität ausgestattet sind, die soziokulturelle Vielfalt im Rahmen einer vielgestaltigen Kirche annehmen und die Aufwertung liturgischer, disziplinärer, theologischer und spiritueller Ausdrucksformen fördern, die den verschiedenen soziokulturellen Kontexten entsprechen. (97 b)
  • dass die Ausarbeitung von kanonischen Normen auch ein Ort für die Ausübung eines synodalen Stils sein sollte. (104)

Dynamik der sogenannten „Frauenfrage“

Besonders enttäuschend ist aber das „Instrumentum laboris“ in der sogenannten „Frauenfrage“. Frauen werden zwar häufig genannt, auch der dezidierte Wunsch nach einer Stärkung ausgeübter Ämter durch alle Laien (18). Doch die Zulassung von Frauen zum diakonischen Dienst soll nicht Gegenstand der Versammlung im Oktober 2024 in Rom sein. Während einige Ortskirchen für die Zulassung von Frauen zum diakonischen Dienst plädieren, bekräftigen andere ihre Ablehnung. Die theologische Reflexion soll zu einem geeigneten Zeitpunkt und in angemessener Weise fortgesetzt werden.

Die Auslagerung von einzelnen Fragestellungen, die sich aus der ersten Versammlung der Weltsynode im Oktober 2023 in Rom ergaben, in zehn Studiengruppen darf keine Entmachtung der Synodalversammlung und keine Verzögerung dringend notwendiger Reformschritte bedeuten. Vielmehr ist zu hoffen, dass vor allem die sogenannte „Frauenfrage“ wie schon bei der Synode im Oktober 2023 in Rom auch im Oktober 2024 eine Dynamik entfalten wird, die mit Verfahrensregeln nicht mehr zu stoppen sein wird. Die Gleichberechtigung der Frauen und ebenso die nichtbinärer Personen ist eine Zukunftsfrage für die Kirche.

Zu Recht hat Kardinal Hollerich bei der heutigen Pressekonferenz in Rom darauf verwiesen, dass die Präsentation des „Instrumentum laboris“ nur durch männliche Kleriker der bedauerliche Istzustand ist, der aber nicht den Ansprüchen entspricht, die in dem Arbeitspapier genannt werden. Am Ende wird entscheidend sein, ob die Menschen an der Kirchenbasis baldigst die positiven Veränderungen spüren, die für die Zukunft der Kirche entscheidend sein werden.

Wir sind Kirche Deutschland und Wir sind Kirche International sowie Vertretende aus zahlreichen anderen Reformgruppen werden das Geschehen der Weltsynode im Oktober 2024 wieder direkt in Rom begleiten.

Wir sind Kirche-Pressekontakt:

Christian Weisner, Bundesteam,
Tel. +49 172 5184082, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de

 

Zuletzt geändert am 16­.07.2024