2.10.2007 - Kölnischen Rundschau

NACHGEFRAGT (über Zypresse)

Leser fragten, ob es eigentlich eine Anlaufstelle für Opfer sexueller Gewalt von katholischen Priestern gibt. Dialog hörte bei der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" nach. Die Antwort:

Nach dem Bekanntwerden der Fälle von sexueller Gewalt von katholischen Priestern und Ordensleuten an Kindern und Jugendlichen in den USA im Frühjahr 2002 hatte die Kirchenvolksbewegung die deutschen Bischöfe zum Handeln aufgefordert. Nach dem Abwiegeln durch den Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, hat "Wir sind Kirche" gehandelt und das Not-Telefon Zypresse (0180-3 00 08 62, 9 Cent pro Minute) eingerichtet.

Die deutsche Bischofskonferenz hat dann im Herbst 2002 Leitlinien beschlossen, die nach unserer Ansicht die Opfer nicht ausreichend schützen, da die Beauftragten der Diözesen oftmals in den Ordinariaten arbeiten und die Adressen der Ansprechpartner nur schwer zu ermitteln sind. Es werden nur Fälle, die den Beauftragten zur Kenntnis gebracht werden, überprüft, eigene Recherchen werden nicht angestellt. Prävention z. B. in Kindergärten oder Jugendgruppen ist gar nicht vorgesehen.

Bereits im ersten Jahr nach Bestehen des Notrufs meldeten sich nahezu 100 Opfer, deren Fall noch nicht bekannt war. Bei vielen Betroffenen lagen die Gewalterfahrungen schon lange Jahre zurück, sie wollten nicht mehr, als endlich auszusprechen, was ihnen angetan wurde und dass sich Vertreter der Kirche offiziell bei ihnen entschuldigen. Manche Anrufe kamen von Eltern, die die Möglichkeit sexueller Gewalt durch Pfarrer an ihren Kindern vermuten. Am Nottelefon wird gemeinsam mit dem Opfer oder den Eltern überlegt, welche Schritte notwendig und sinnvoll im Verhalten und zur Bearbeitung und Aufarbeitung der Probleme sind. Es wird zugehört, dem Opfer wird geglaubt und Hilfen werden gesucht - bis hin zur anonymen Begleitung zu Gesprächen in Einzelfällen.

Einige Jahre sind inzwischen vergangen, das Thema ist aus der Presse, und die Anrufe werden seltener, aber immer noch erreichen uns Notrufe. Wir sind überzeugt, dass es immer noch zu sexuellen Übergriffen von Priestern und Ordensleuten an Kindern und Jugendlichen kommt. Bestätigt wird diese Vermutung durch immer wieder an die Öffentlichkeit gelangende Fälle von sexuellen Übergriffen von Priestern oder Angestellten im kirchlichen Dienst und Vertuschungsversuchen zurzeit besonders im Bistum Regensburg.

Annegret Laakmann
Pressesprecherin
E-Mail: zypresse@wir-sind-kirche.de
Homepage: www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 02­.10.2007