4.11.2007 - dieGesellschafter.de

Der Kardinal, der Politiker und die Sexualität

Annegret Laakmann, Vorsitzende von Frauenwürde e.V.

Der Konflikt zwischen Grünen-Politiker Volker Beck und Kardinal Meisner findet kein Ende. Annegret Laakmann bezieht sich in ihrem Kommentar auf den Streit zwischen den beiden, in dessen Verlauf der grüne Bundestagsabgeordnete den Kölner Kardinal als »Hassprediger« bezeichnet hat. Beck habe damit auf eine Predigt Meisners zum angeblichen Sittenverfall in Europa und zum »Triebbündel« Mensch reagiert, schreibt dazu die FAZ unter der Überschrift »Beck nennt Kardinal Meisner ›Hassprediger‹«. Inzwischen hat Volker Beck seine Äußerung öffentlich bedauert, hält aber an seiner inhaltlichen Kritik fest: »Kardinal Meisner mag keine Frauen, die abgetrieben haben, Homosexuelle und alle anderen Menschen, die außerhalb der Ehe Sexualität leben oder zusammenleben halte«. Das Erzbistum prüft nun nach eigenen Angaben rechtliche Schritte gegen Beck.

Die Aussagen Kardinal Meisners in der Einsiedelner Predigt sind im Zusammenhang mit vielen seiner Äußerungen und denen anderer Bischöfe zu sehen. Immer wieder grenzt der Kardinal Menschen aus und diffamiert jene, die seinem Bild vom Schöpfungswillen Gottes nicht entsprechen können und wollen.

In Fragen der Sexualität, besonders der Homosexualität, ist es der Kirche – und mit ihr auch Meisner – nicht gelungen, Erkenntnisse der Humanwissenschaften in ihre Lehre aufzunehmen und in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften den Willen und die Ordnung Gottes zu sehen. Auch eine neue Eheschließung nach gescheiterter sakramentaler Ehe oder ein Zusammenleben von Mann und Frau ohne Trauschein können von der Liebe Gottes begleitete Lebensformen sein. Denn die Form der Ehe ist, wie viele Lebenswirklichkeiten, dem Wandel der Zeit unterworfen und hat sich als veränderbar auch in der Kirchengeschichte gezeigt.

In der Entscheidung für eine Abtreibung sieht Meisner nicht die soziale und wirtschaftliche Not vieler Frauen, sondern »das hässliche Gesicht der Sünde in ihrem Angesicht« widergespiegelt. Mit auf sein Betreiben hin mussten die katholischen Beratungsstellen aus der unter Mitarbeit der deutschen Bischöfe ausgehandelten und mehr als fünf Jahre mit getragenen gesetzlichen Schwangerschaftskonfliktberatung aussteigen. Die römisch-katholische Kirche glaubt, damit das Problem Abtreibung zu lösen und setzt die Katholikinnen und Katholiken weiterhin beständig unter Druck, die diese Beratung im gesetzlichen System weiterführen.

Was Volker Beck öffentlich aussprach, denken und sagen viele Menschen – nicht nur die »Gottfernen und Gottlosen«. Und Beck sollte und wird bei seinen Aussagen bleiben, trotz des Drucks aus den Reihen seiner Freunde.

Nur, Schlagworte, die polarisieren und nicht weiter führen, schaden einer kritischen Auseinandersetzung und stützen die, für deren Wertevorstellung die Sicht Kardinal Meisners prägend ist.

Über Annegret Laakmann
Annegret Laakmann arbeitet bei der KirchenVolksBewegung »Wir sind Kirche« und ist Vorsitzende des dazu gehörenden Vereins Frauenwürde e.V., der (nach dem Ausstieg der katholischen Kirche aus der gesetzlichen Beratung) jetzt sechs Beratungsstellen für Frauen im Schwangerschaftskonflikt betreibt. Annegret Laakmann ist verheiratet und hat eine Tochter.

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Zuletzt geändert am 05­.11.2007