15.1.2008 - Reuters

Kardinal Lehmann gibt Vorsitz der Bischofskonferenz auf

Berlin (Reuters) - Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann tritt nach fast 21 Jahren als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ab.

Der 71-Jährige führte in einem am Dienstag von der Bischofskonferenz veröffentlichten Brief gesundheitliche Gründe für seinen Schritt an. Er will sein Amt nach der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz, auf der ein Nachfolger gewählt werden soll, zum 18. Februar niederlegen. Als Bischof von Mainz will Lehmann noch einige Jahre der katholischen Kirche dienen. Vertreter anderer Konfessionen sowie Politiker, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, aber auch Kritiker der Amtskirche, äußerten Bedauern und Verständnis und hoben Lehmanns Verdienste hervor.

Im Dezember aufgetretene Herz-Rhythmus-Störungen erlaubten es ihm nicht mehr, seine Kräfte im bisherigen Maße auszuschöpfen, schrieb Lehmann. Ein Wechsel jetzt mache auch Sinn, weil die jüngsten Bischofsernennungen einen notwendigen Generationswechsel und Zeit für eine Wachablösung anzeigten. Lehmann war im September 1987 als Nachfolger von Joseph Kardinal Höffner zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt worden. Seither war er dreimal im Amt bestätigt worden. In seine Amtszeit fielen heftige Konflikte innerhalb der Kirche in Deutschland und mit dem Vatikan, etwa über den Ausstieg der Kirche aus der Beratung von Frauen über Abtreibungen. Dabei hatte sich Lehmann um eine vermittelnde Rolle bemüht.

Merkel erklärte, Lehmann genieße weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus hohes Ansehen. "Deshalb wird er für mich persönlich und für die Politik ein geschätzter Gesprächspartner bleiben." In einem Telefonat übermittelte sie dem Kardinal persönlich ihr Bedauern über den Rücktritt. Der SPD-Chef und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck würdigte Lehmann als einen herausragenden Repräsentanten der katholischen Kirche. "Er genießt höchste Anerkennung, weil es ihm als brillantem Theologen oft gelungen ist, mit Menschlichkeit und Humor unterschiedliche Auffassungen zu versöhnen", erklärte Beck.

AUCH AMTSKIRCHEN-KRITIKER WÜRDIGEN LEHMANNS VERDIENSTE

Für die Bischofskonferenz würdigte der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff Lehmann als herausragenden Repräsentanten der Kirche. Durch sein profundes theologisches Wissen, seine geistige Aufgeschlossenheit, seine Umsicht und die große Fähigkeit zu integrieren und zu einen, sei Lehmann eine unschätzbare Hilfe für die Bischöfe. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, hob neben der Grundsatzfestigkeit Lehmanns Realitätssinn und Bereitschaft zum Zuhören und Verstehen hervor. "Er kannte die Sorgen und Anliegen der katholischen Laien in Deutschland und war ihr verlässlicher Freund", schrieb der Vorsitzende der obersten katholischen Laienorganisation.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Bischof Wolfgang Huber, stellte das Wirken Lehmanns in der Gemeinschaft der Kirchen heraus. Sein ökumenisches Wollen und seine Weitsicht hätten die Zusammengehörigkeit der Christen und das Miteinander der Kirchen gestärkt. Die Präsidentin des Zentralrates der Juden, Charlotte Knobloch, nannte den Kardinal einen verlässlichen und vertrauenswürdigen Ansprechpartner, dessen Stimme im Dialog der Religionen unverzichtbar sei.

Auch zwei amtskirchenkritische Gruppen würdigten Lehmann. Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" erklärte, sein Rücktritt habe offenbar mit Konflikten innerhalb der Bischofskonferenz zu tun. Der Verein "Donum Vitae", in dem katholische Laien die Schwangerenberatung nach dem Ausstieg der Amtskirche weiterführen, nannte Lehmann einen stets dialogbereiten Ansprechpartner.

Zuletzt geändert am 01­.03.2011