20.2.2008 - Mitteldeutsche Zeitung

Ist der Zölibat noch zeitgemäß?

Debatte über Äußerungen von Robert Zollitsch - «Problem brennt vielen auf der Seele»

Hamburg/dpa. Für seine kritischen Äußerungen zur Ehelosigkeit katholischer Priester erhält der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, Rückendeckung aus der Kirche. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und Reformkatholiken begrüßten die von Zollitsch ausgelöste Debatte. Das ZdK unterstütze inhaltlich voll und ganz die Position des neu gewählten Vorsitzenden, sagte dessen Präsident Hans Joachim Meyer am Mittwoch. Der Freiburger Erzbischof hatte kurz vor seinem Amtsantritt an der Spitze der katholischen Bischöfe gesagt, es dürfe bei dem Thema keine «Denkverbote» geben, der Zölibat sei «theologisch nicht notwendig».

Zollitsch habe ein Problem angesprochen, das vielen katholischen Priestern «auf der Seele brennt», sagte Christian Weisner von der Kirchenvolksbewegung der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» . Der Geschäftsführer des ökumenischen Netzwerkes «Initiative Kirche von unten», Bernd Göhrig, sagte der «Berliner Zeitung» , der Zölibat sei nicht nur in Deutschland in der Diskussion, es habe im Herbst auch einen derartigen Vorstoß holländischer Dominikaner gegeben. «Zollitsch ist nicht der einsame Reiter, der vorprescht, es gibt eine Debatte in der Weltkirche.»

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hatte dagegen unmittelbar nach den Äußerungen Zollitschs erklärt, dieser habe zum Thema Priestertum und Zölibat nicht alles so differenziert gesagt werden, wie es theologischen Ansprüchen genügt. Müller war auch am Sonntag gemeinsam mit den Bischöfen Walter Mixa (Augsburg), Wilhelm Schraml (Passau) und Friedhelm Hofmann (Würzburg) der Verabschiedung des Münchner Kardinals Friedrich Wetter ferngeblieben. Dort hatte Zollitschs Vorgänger Kardinal Karl Lehmann als letzte Amtshandlung bei dem Gottesdienst gesprochen. Lehmann und Zollitsch stehen sich theologisch sehr nahe, beide gelten als liberal und gemäßigt. Der ZdK-Präsident kritisierte das Verhalten Müllers als «schlechten Stil» und «ungehörig».

Skeptisch reagierte die «Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen», in der sich verheiratete und deshalb vom Dienst suspendierte Pfarrer zusammengeschlossen haben, auf den Vorstoß von Zollitsch. Er glaube nicht, dass dessen Äußerungen zu einer Veränderung im Umgang der Kirche mit verheirateten Priestern führen werden, sagte der Sprecher der Gruppe, Ernst Sillmann, der «Berliner Zeitung». Es sei aber positiv, dass überhaupt über den Zölibat diskutiert werde.

Im Vatikan ist die Zölibatsfrage derzeit zwar kein aktuelles Thema, wird aber immer wieder diskutiert, vor allem wenn es um den zunehmenden Priestermangel geht. Zuletzt wurde im Oktober 2005 bei einer Synode in Rom deutlich, dass ein Abweichen von der harten römischen Linie vorerst nicht zu erwarten ist. Dennoch griffen einige Bischöfe den seit Jahren kursierenden Vorschlag auf, zumindest verheiratete ältere Männer zum Priesteramt zuzulassen. Ende 2006 beriet sich Papst Benedikt XVI. mit der Spitze der römischen Kurie über das Tabuthema. Öffentlich hat sich Joseph Ratzinger seit seiner Wahl auf den Stuhl Petri bisher nicht zur Zölibatsfrage geäußert.

Zuletzt geändert am 20­.02.2008