16.4.2008 - Morgenweb - Mannheim

"Zu starre Doktrin"

Vatikan: "Wir sind Kirche" ruft Papst zu Kurswechsel auf

Rom. Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" hat eine kritische Bilanz zu den ersten drei Jahren des Pontifikats von Benedikt XVI. gezogen und den Papst zu einem Kurswechsel aufgerufen. "Es scheint, dass Ratzinger - in Verkennung des Zweiten Vatikanums -gewissermaßen den Weg einer "Gegenreform" eingeschlagen hat", hieß es in der am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. "Wir wünschen uns sehr, dass dieses an Schattenseiten noch viel zu reiche Pontifikat einen Wendepunkt erreicht." Benedikt richte seine Aufmerksamkeit zu sehr auf Europa und die Kritik an den relativistischen Gesellschaften des Westens, so dass die "großen und nach wie vor dramatischen Probleme wie Nord-Süd-Gefälle, Friede und Krieg, Aufrüstung (insbesondere mit Nuklearwaffen), Umweltschutz und soziale wie wirtschaftliche Zukunft der Erde" kaum eine Rolle spielten. Statt Ungerechtigkeiten in der Welt laut anzuprangern, verwende der Papst "sehr häufig unverbindliche oder zumindest unverbindlich klingende Worte".

Die Reformbewegung hofft, dass die neue Enzyklika Joseph Ratzingers, die in wenigen Monaten veröffentlicht werden soll und sich mit den Problemen der Welt befassen wird, den Beginn eines neuen Kurses in seinem Pontifikat darstellt. "Wir hoffen, dass dieses Dokument das gegenwärtige Unrecht mit dem prophetischen Ton anprangert, der bis jetzt nur selten und nur schwach zu hören war."

Auch wirft "Wir sind Kirche" dem Papst vor, eine zu starre Doktrin und eine von Angst und Pessimismus bestimmte Botschaft zu verbreiten. Dabei sei es aber die Aufgabe eines Papstes, "vor allem in schwierigen und unsicheren Zeiten wie jetzt, in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends", Hoffnung zu vermitteln. Zudem sei die Ökumene derzeit durch die übertriebene Betonung der Zentralität der römischen Kirche an einem Tiefpunkt angelangt. (dpa)

Zuletzt geändert am 16­.04.2008