Dezember 2008 - Kirche In (Kolumne "Unzensiert")

We can change the Church!

Von Christian Weisner

Wie anachronistisch wirken nach der Wahl Barack Obamas die Bilder vom Frühjahr dieses Jahres, als sich Papst Benedikt an seinem Geburtstag im Weißen Haus feiern ließ und Präsident Bush zwei Monate später zum intimen Gegenbesuch in den Vatikan kam. Welch fragwürdiger Schulterschluss von „Thron und Altar“ trotz Todesstrafe und Irakkrieg. Welch demonstrative Nähe zweier alter Männer, die beide für alte, überholte Systeme stehen.

Doch jetzt nach acht politisch sehr mageren Jahren hat das amerikanische Volk den Wechsel gewählt. Den emotionalen Aufbruch, den jetzt die USA und die hoffentlich bald ganze Welt spüren, hat die römisch-katholische Kirche vor fast 50 Jahren mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil erlebt. Was heute „change“ heißt, hieß damals „aggiornamento“. Johannes XXIII. war „unser Obama“.

Bei allem heutigen Jubel sollte aber nicht vergessen werden: Obama hat seinen Wahlsieg letztlich nur einer großen Krise zu verdanken. Die anstehenden Aufgaben sind immens, und er ist kein Messias. Aber die amerikanische Gesellschaft hat in der Rassenfrage einen gewaltigen Schritt nach vorne getan. Ein Schritt, der der römisch-katholischen Kirche vor allem in der Frauenfrage immer noch bevor steht.

Obama hat es vor allem geschafft, die Erinnerung an den amerikanischen Traum wieder wach zu rufen und den Menschen Hoffnung zu geben. Sein Wahlsieg alleine ist noch nicht der Wandel, aber er bietet die Chance, den Wandel herbeizuführen. Dieser Wandel, so Obama in seiner ersten Rede nach der Wahl, kann aber nicht kommen, wenn wir so weitermachen wie bisher. Der entscheidende Satz: „Er kann nicht ohne Euch kommen, ohne Euren Einsatzwillen.“

Auch in der Kirche stehen die Zeichen auf „change“. Nicht nur in deutschen Bistümern brodelt es. Auch wir sollten uns jetzt unseren Traum wieder in Erinnerung rufen und nicht daran zweifeln, dass die Botschaft Jesu nach wie vor lebendig und gültig ist, der Heilige Geist auch in unseren christlichen Kirchen wirkt und Wandel möglich ist. Es liegt also an uns.

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 10­.12.2008