15.04.2005 - Süddeutsche Zeitung

Papstwahl "Law-and-Order-Kirche"

Der Widerstand gegen den deutschen Kardinal Ratzinger als möglichen Papst wächst. So kritisiert etwa die deutsche katholische Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" den harten Kurs Ratzingers und sein "verqueres Frauenbild".

Für viele ist der Mann mit den eisgrauen Haaren schlichtweg das Symbol für Dogmatismus und Konservatismus. Vom neuen Papst erwartet die katholische Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ allerdings eine "Kultur des Dialoges".

„Die katholische Kirche muss sich endlich, schrittweise, auch den Frauen öffnen, sie muss eine positivere Bewertung der Sexualität bekommen. Das gilt für das Kondomverbot in Zeiten von Aids, das gilt für die künstliche Familienplanung und auch den Zölibat“, sagte der Sprecher Christian Weisner der in Hannover erscheinenden Neuen Presse.

"Falsches Menschenbild"

Zu Spekulationen, Joseph Ratzinger, könne Nachfolger von Papst Johannes Paul II. werden, sagte Weisner, als Präfekt der Glaubenskongregation habe er „einen sehr harten Kurs gefahren, so eine Art Law-and-Order-Kirche. Das kann aber nicht weitergehen.“ Der Kurienkardinal habe zudem ein „verqueres Frauenbild“.

„Es ist wirklich schade, dass so ein hoch gebildeter Mann zu solch einem falschen Menschenbild kommt“, sagte Weisner über die Einstellung des Kardinals zu Frauen.

Nach Einschätzung des Ratzinger-Kenners Peter Seewald könnte Ratzinger durchaus eine neue kirchliche Sexualmoral verkünden.

Das sagte Seewald, der gemeinsam mit Ratzinger zwei Bücher geschrieben hat, in einem Interview der Passauer Neuen Presse.

"Streng, aber kein Hardliner"

Nach Ansicht von Seewald ist Ratzinger, dem gute Chancen auf eine Wahl zum Papst eingeräumt werden, keineswegs so konservativ, wie er häufig gesehen wird. Der Kardinal sei streng, aber kein „Hardliner“.

Ratzingers Leben sei geprägt vom Kampf gegen Ideologie und Engstirnigkeit, meinte der Autor. Er sei ein Bewahrer des Erbes von Johannes Paul II. Ratzinger habe das Pontifikat des verstorbenen Papstes mitgeprägt und könnte es „als Johannes Paul III. zur Vollendung bringen“.

(dpa)

Zuletzt geändert am 30­.12.2008