24.1.2009 - SWR / tagesschau.de

Papst holt Lefebvre-Bischöfe zurück in die Kirche

Erzkonservative Kleriker zurück in der Kirche: Papst Benedikt XVI. hat die Exkommunizierung von vier Bischöfen aufgehoben, die gegen päpstliche Anweisung von Erzbischof Lefebvre geweiht worden waren. Zu ihnen gehört der Brite Williamson, gegen den wegen Holocaustleugnung ermittelt wird.

Von Gregor Hoppe, ARD-Hörfunkstudio Rom

Nun ist es amtlich: Benedikt XVI. vergibt vier Klerikern, die sich einst von einem aus ihrer Sicht "vom Modernismus verseuchten" Rom abgewandt hatten. Der ultrakonservative Erzbischof Marcel Lefebvre - ein erbitterter Gegner der Kirchenreform im Zuge des Zweiten Vatikanums - hatte sie widerrechtlicher Weise im Jahr 1988 geweiht. Sie waren kurz darauf exkommuniziert worden. Nachdem sie vor kurzem Gehorsam gegenüber dem Papst gelobt hatten, vergab ihnen der Papst und hob die Exkommunizierung wieder auf. Das gab die päpstliche Bischofskongregation bekannt.

Wie es weiter heißt, sei Benedikt XVI. dem "spirituellen Unbehagen" der Abtrünnigen nach der Strafe des Ausschlusses "mit väterlicher Einfühlsamkeit" begegnet. Er glaube den schriftlichen Versicherungen der Reumütigen, ernsthaft mit der Kurie reden zu wollen und die zugrunde liegenden Probleme des Zwists auszuräumen. Der Papst wolle den Beziehungen mit der sogenannten Pius-Bruderschaft wieder Stetigkeit geben. Die Bruderschaft Pius X. ist die Organisation der "Lefebvreianer".

"Geschenk des Friedens" an die Erzkonservativen

"Dieses Geschenk des Friedens zum Ende der Weihnachtszeit" sei ein Zeichen, so heißt es in der Erklärung der Kurie, die "Einheit in der Barmherzigkeit der Weltkirche zu stärken und den Skandal des Schismas zu überwinden". Benedikt XVI. hatte zuvor eine Abordnung der Bruderschaft empfangen.

Schon die Entscheidung, die lateinische Messe, die vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil der reguläre Ritus katholischer Gottesdienste war, als außerordentliche Form der Messe wieder zuzulassen, war als Versöhnungsgeste gegenüber den erzkonservativen Klerikern verstanden worden. Dem Papst darf großes persönliches Interesse an der Wiedervereinigung unterstellt werden: Er hatte als Kardinal die Gespräche mit Erzbischof Lefebvre geführt, die zur Überwindung der Abspaltung führen sollten.

Papst-Gespräche nur mit rückwärtsgewandten Kritikern

Und doch dürfte der nun offiziell bekannt gegebene Schritt dem Papst schwere Kritik von der Basis einbringen: Gruppen, die für eine Modernisierung der Kirche eintreten, werden die Milde gegenüber erzkonservativen Klerikern als Ausweis eines rückwärtsgewandten Kirchenverständnisses bei Josef Ratzinger lesen. Zwar hatte der Papst auch den Kirchenkritiker Hans Küng bald nach seiner Wahl in einer aufsehenerregenden Geste empfangen. Dessen Lehrerlaubnis aber bleibt ihm entzogen. Mit Gruppen wie "Wir sind Kirche" oder gar "Kirche von unten" hat der Papst keinerlei Dialog aufgenommen.

Gnade auch für einen Holocaust-Leugner

Vor allem aber dürfte der Schritt die Beziehungen zum Judentum erneut schwer belasten - auch wenn der Vatikan sofort deutlich auf Distanz ging zu den öffentlichen Auslassungen des Bischofs Richard Williamson, wonach er nicht an die Existenz der Gaskammern der Nazis glaube. Aber einen Kleriker, der den Holocaust leugnet, wieder in den Schoß der Kirche aufzunehmen, wird zumindest Unverständnis bei vielen in der jüdischen Welt hervorrufen.

Papstsprecher Federico Lombardi ließ denn auch umgehend erklären, die Wiederaufgenommenen seien in voller Einheit mit der Kirche. Das bedeute aber nicht, dass man sich Williamsons Äußerungen zum Mord an Europas Juden unter den Nazis zu eigen mache - diese sollten für sich selbst beurteilt werden, so Lombardi.

Quelle: tagesschau.de

Zuletzt geändert am 24­.01.2009