Februar 2009 - Kirche In (Kolumne "Unzensiert")

Gute Hirten – böse Manager?

So hart wie in den jüngsten Weihnachtspredigten haben unsere „guten Hirten“ – evangelische wie katholische Bischöfe – die „bösen Manager“ und das habgierige Wirtschaftssystem lange nicht kritisiert. Doch was nützen die Mahnpredigten von den Kanzeln jetzt, wo diese Kritik ohnehin von allen Dächern gepfiffen wird? Viel prophetischer war da das „Gemeinsame Wort der Kirchen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage“, das 1997 in Deutschland unter starker Beteiligung des Kirchenvolkes formuliert worden ist. In Österreich präsentierte 2003 der Ökumenische Rat der Kirchen sein „Sozialwort“.

Ob es den Kirchen in der allgemeinen Not gelingen kann, christliche Hoffnung und christliches Denken als ernst zu nehmende Alternative in die Diskussion zu bringen, wird jetzt aber nicht mehr von noch so schönen Appellen abhängen, sondern von der Glaubwürdigkeit des eigenen Handelns: Wird das, was Kirche von anderen fordert, auch von ihr und in ihr selber praktiziert? Da sieht es leider nicht so günstig aus. Denn bei den brachialen Pfarreizusammenlegungen und Umstrukturierungen in den katholischen Bistümern und evangelischen Landeskirchen Deutschlands in den letzten Jahren haben sich viele Bischöfe weniger als fürsorgliche Hirten sondern vielmehr als knallharte Manager profiliert. Die Ökonomisierung des Denkens und Handelns a la McKinsey und anderer Unternehmensberater war und ist in den Kirchenleitungen leider schon weit vorangeschritten.

Die Bischöfe müssen sich deshalb jetzt zu Recht fragen lassen: Sind sie selber überhaupt bereit, die Subsidiarität – ein wesentliches Prinzip der katholischen Soziallehre – auch dem Engagement innerhalb der eigenen Kirche zu gewähren? Oder heißt es weiter lieber nur „Mitverantwortung“ statt „Mitbestimmung“ – und das absolutistische Entscheidungsrecht bleibt weiterhin beim Bischof.

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 10­.02.2009