13.3.2009 - focus.de

Zollitsch sieht „Wunden“ beim Papst

Die Kritik an Papst Benedikt XVI. wegen seines Umgangs mit den Piusbrüdern war heftig. Laut Bischofskonferenz-Vorsitzenden Zollitsch hat sie sogar Wunden hinterlassen.

Der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Zollitsch Erzbischof Robert Zollitsch sagte am Freitag in Rom, der Papst habe sich durch die heftigen Reaktionen auf die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft oft „auch persönlich angegriffen“ gefühlt. „Da spüren wir, dass da Wunden bei ihm da sind“, betonte der Freiburger Erzbischof. Mit Blick auf Merkels öffentliche Äußerungen sagte Zollitsch: „Wenn eine Regierungschefin sich tatsächlich über etwas äußern will, das den Heiligen Vater betrifft, dann gibt es für mich andere Wege – die diplomatischen.“ Er glaube nicht, dass etwas dieser Art noch einmal geschehen werde.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz dankte dem Papst bei der Audienz für dessen Brief. Darin hatte Benedikt „Pannen“ im Umgang mit der Piusbruderschaft eingeräumt, zugleich aber um Verständnis für die umstrittene Begnadigung der Traditionalistenbischöfe geworben. Mit Blick auf die Piusbruderschaft stellte der Papst aber auch klar: „Man kann die Lehrautorität der Kirche nicht im Jahr 1962 einfrieren – das muss der Bruderschaft ganz klar sein.“

Piusbrüder sehen „schwerwiegende Krise“

Der Generalobere der Piusbruderschaft, Bischof Bernard Fellay, teilte mit, seine Vereinigung sei willens, die doktrinalen Gespräche in Angriff zu nehmen. Diese hatte der Vatikan als notwendig bezeichnet. Die Bruderschaft sei „weit davon entfernt“, die Tradition 1962 und damit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil anhalten zu wollen. „Vielmehr wünschen wir, dass das II. Vatikanum und das nachkonziliare Lehramt im Lichte dieser Tradition gesehen wird.“ Der oberste Piusbruder betonte zugleich allerdings, die „schwerwiegende Krise“ der Kirche könne nur durch eine „vollständige Rückkehr zur Reinheit des Glaubens“ gelöst werden.

Zollitsch bezeichnete Fellays Reaktion als unzureichend: „Mir ist es schwer verständlich, wenn jemand sagt: Ja, der Papst ist Papst, wir erkennen ihn an – aber wir folgen ihm nicht. Hier wird noch vieles zu klären sein.“ Zollitsch kritisierte nach einer Audienz bei Benedikt XVI. auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre öffentliche Ermahnung des Papstes.

„Wir sind Kirche“ würdigt Papst-Brief

Die Bewegung „Wir sind Kirche“ würdigte den Papst-Brief als „bemerkenswert“. Das Schreiben zeige, „dass die vielfachen Appelle an ihn ihre Wirkung nicht verfehlt haben“. Nachdem der Papst erneut seinen Versöhnungswillen bekundet habe, sei zu hoffen, dass er „seine Bereitschaft, Barmherzigkeit zu üben, jetzt auch anderen Mitgliedern der Kirche entgegen bringen wird“. Dazu zählt die Bewegung beispielsweise Priester, die wegen des Zölibatsgesetzes aus dem Amt ausscheiden mussten, „abgestrafte (Befreiungs-)Theologen“, wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle.

Der Zentralrat der Sinti und Roma nahm den Papst-Brief mit „Achtung und Respekt“ auf. Das Schreiben zeuge von dem Willen, Schaden wieder gut zu machen. Es eröffne zugleich die Chance für die Kirche, sich ihrer eigenen Geschichte in der NS-Zeit zu stellen und sich insbesondere zu ihrer historischen Verantwortung gegenüber den Holocaust-Opfern der Sinti und Roma zu bekennen.

löh/ddp

http://www.focus.de/politik/ausland/piusbrueder-debatte-zollitsch-sieht-wunden-beim-papst_aid_380162.html

Zuletzt geändert am 13­.03.2009