13.3.2009 - Publik-Forum

Mehrere Welten an der Alster

Die katholischen Bischöfe, eine Petition und die Piusbrüder

Ein einziger Bischof bricht aus, als die Oberhirten ihren von Weihrauch umwölkten Zug in den Hamburger Mariendom im Szene-Stadtteil Sankt Georg formieren. Es ist der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Mit der Hand hält er sein purpurnes Bischofskäppi, damit es ihm nicht vom Haupt fliegt, und geht auf eine Frau zu. Sie heißt Maria Heine und hält ein selbst gemaltes Protestplakat den versammelten deutschen Bischöfen entgegen: »Die heilige Kommunion auch für wiederverheiratete Geschiedene!« und »Frauen ins Diakonat!« wird auf dem Plakat gefordert. Bischof Jaschke und die aus Elmshorn zum Gottesdienst der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) angereiste 63-Jährige umarmen einander herzlich. »Wir kennen uns von der Caritas-Arbeit in Schleswig-Holstein«, sagt Maria Heine.

Erzbischof Robert Zollitsch, derVorsitzende der Bischofskonferenz, sorgt anschließend im Gottesdienst für Gelächter, als er die Predigt mit den Worten beginnt: »Wir Bischöfe kommen nicht so oft nach Hamburg, doch Wind und Stürme sind wir gewohnt, warm anziehen müssen wir uns des Öfteren.« Das Evangelium böte eine Steilvorlage für eine harte Predigt: Jesus teilt die Schafherde am Ende der Tage in Gute und Böse. Zollitsch jedoch predigt über das Heilige in einer säkularen, religionsfernen Welt, dass es Aufgabe der Kirche sei, das Heilige in diese Welt zu bringen, »mit dem nötigen Realismus«. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz sagt kein Wort über die Piusbrüder. Seine Predigt jedoch, moderat vorgetragen, ist das klare Gegenprogramm zu den Traditionalisten.

Gebrüllt wird anderenorts wenig später: Ein Stoßtrupp ultrakonservativer Parteigänger der Traditionalisten versucht aggressiv, das öffentliche Abendforum zur Petition Vaticanum II im Saal der Johannisgemeinde in Harvestehude umzudrehen in ein Tribunal gegen die Reformer. Geduldig halten die Vertreter der Petition dagegen. Insbesondere der Hauptreferent, der langjährige Mainzer Pastoraltheologe und Kapuzinerpater Stefan Knobloch. Er verteidigt die Reformen des Konzils. Nach zwanzig Minuten Schlagabtausch melden sich Frauen im zunächst sprachlosen Publikum zu Wort. Sie lenken die Debatte auf Fragen wie: Kann Reform von unten in der hierarchischen Kirche überhaupt gelingen?

Christian Weisner, Sprecher der Kirchenvolksbewegung Wir sind Kirche, zeichnet bei der Pressekonferenz tags darauf mit Rot die Zahl 36300 auf ein Plakat mit der Petition. So viele Christen haben schon unterzeichnet. Nachmittags übergeben die Initiatoren öffentlich die Petition an den Jesuiten Hans Langendörfer, den Sekretär der DBK. Erst zu Gründonnerstag endet die Unterschriftensammlung.

Thomas Seiterich

Bildunterschrift:
Übergabe der Petition Vaticanum II an die Bischofskonferenz: Mehr als 36000 Menschen unterschrieben bislang die Forderung nach Reformen

Zuletzt geändert am 14­.03.2009