20.3.2009 - Abendzeitung München

Münchner Katholiken kritisieren: "Der Papst will uns nicht verstehen"

Die Äußerungen Benedikt XVI. in Afrika zu Kondomen und Aids stoßen auch bei engagierten Christen in München auf Unverständnis. Zahl der Kirchenaustritte steigt kontinuierlich an.

MÜNCHEN - Der Papst ist in Afrika - und auch in München ist die Aufregung groß. Die Äußerungen Benedikts XVI. zu den Themen Kondome und Aids sorgen auch an der katholischen Basis für eine Menge Unmut - und Unverständnis. "Das ist sehr wohl ein Thema für uns", heißt es etwa bei der Kolpingjugend. Und ein langgedienter Ehrenamtlicher sagt zu den Bemerkungen des Pontifex schlicht: "Da verstehe ich ihn nicht mehr."

Für Christian Weisner, den Vorsitzenden der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche", sind die aktuellen Äußerungen Papst Benedikts zwar "fast wie vorhersehbar" - aber trotzdem "unerträglich: Weil er von oben herab pauschal urteilt und das immer wieder wiederholt. Damit missachtet er, was die Ordensmänner und -frauen in Afrika für die Aidskranken Gutes tun".

Die Begründung für die Ablehnung von Kondomen sei "so pauschal und solch eine Schwarz-Weiß-Moral", dass der Aufschrei der Kritiker absolut richtig sei. Und noch einen Umstand findet der kritische Katholik "verheerend" an der Afrika-Tour des Kirchenoberhaupts: "Einerseits wendet sich der Papst immer wieder gegen Korruption. Dann trifft er sich mit diesen korrupten Politikern - und die profitieren davon."


"Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen"

Der Münchner Hanns Peters engagiert sich seit 40 Jahren ehrenamtlich in der katholischen Kirche. Seine aktuelle Funktion: Er ist stellvertretender Vorsitzender des Katholikenrats der Region München. Seine Grundeinstellung: "Man muss Gott mehr gehorchen als dem Menschen." Den Papst sieht er "in seinem Elfenbeinturm sitzen mit seinem Weltbild und seinem intellektuellen Niveau". Was Peters dem Papst ganz konkret vorwirft: Benedikt XVI. sei nicht bereit, herunterzusteigen in die Gefilde der der ganz normalen Menschen. Seine Konsequenz: "Der Mann will uns nicht verstehen. Und darum haben auch wir keine Veranlassung, ihn zu verstehen."

Auch nach Ansicht von Diözesanleiterin Teresa Aigner (19) von der Kolpingjugend liegt der Papst mit seiner Meinung zu Kondomen falsch: "Ich bin zwar auch katholisch. Aber nicht so erzkatholisch, dass ich Kondome im Kampf gegen Aids ablehnen würde. Ich kann nicht verstehen, wie man so engstirnig sein kann."

Zu einer "exorbitant steigenden Zahl von Kirchenaustritten" hätten die Papst-Äußerungen nicht geführt, so Christopher Habl vom KVR. Die Tendenz seit Jahren: kontinuierlich steigend.

Rudolf Huber

Zuletzt geändert am 22­.03.2009