März 2009 - Kirche In (Kolumne "Unzensiert")

Ein Paukenschlag des Heiligen Geistes?

Von Sigrid Grabmeier

In weiten Teilen schläft das deutsche Kirchenvolk: Der eine Teil zahlt brav Kirchensteuer und nimmt Serviceleistungen bei Hochzeiten etc. in Anspruch. Ein anderer Teil lässt die Kirche im Dorf, geht am Sonntag in diese, schaut aber nicht über den Tellerrand hinaus. Wohlig aufgehoben im Gefühl "Wir sind Papst" hinterfrägt man nicht, wohin dieser das Kirchenschiff steuern will. Ein ähnlicher Effekt wie in Joseph Haydns Paukenschlagsymphonie stellte sich nun durch die Aufhebung der Exkommunikation der vier Levebre-Bischöfe ein. Plötzlich war es mit dem harmonischen Schlummern vorbei. Hatte der Heilige Geist auf krummen Zeilen gerade geschrieben, als gleichzeitig die Leugnung des Holocausts durch einen der vier unerlaubt, aber dennoch wirksam geweihten Bischöf bekannt wurde? Nur diesem Umstand ist es zu danken, dass Bischöfe, Theologen und Politiker bis hin zur Bundeskanzlerin schlagartig präsent waren.

Nicht nur Kirche, sondern die Ideen und Themen des II. Vaticanums waren auf einmal medientauglich. Bisher konnten katholisch inszenierte Events wie der Weltjugendtag oder der Besuch Benedikts in Bayern auf Mediendarstellung rechnen, nicht vermittelbar hingegen schienen grundsätzliche theologische Fragen und der Unterschied zwischen einer lateinischen Messe und dem tridentinischen Ritus mit ganz anderem Kirchenbild. Die sonst für oberflächlich behandelte Themen gerne hervorgeholten Exoten wie Gloria von Thurn und Taxis , Kardinal Meißner oder Prälat Imkamp, die ultrakonservative Positionen bis hin zur Karikatur vertreten dürfen, blieben diesmal in der Versenkung. In den Interviews waren auf einmal Leute zu vernehmen, die Substanz bieten konnten: der ZdK-Präsident Prof. H.J. Meyer, Sr. Lea Ackermann, die Professoren Brosseder oder Lüdicke. Kontroverse und anspruchsvolle Diskussionsrunden, Analysen, Kommentare und Stellungnahmen von Gemeindemitgliedern bis hin zu Bischöfen drängten sich in den Medien. Die Stimmung schlug um zum "Wir sind nicht Papst" oder gar zu "Wir sind Kirche“.

Auffallend aber auch ein Crescendo der Kirchenaustritte zu Beginn des Haydnjahrs 2009. In dessen Abschiedssinfonie verließ ein Musiker nach dem anderen seinen Platz im Orchester. Fürst Esterhazy verstand seinerzeit, dass sie Urlaub benötigten. Bleibt zu hoffen, dass unsere Bischöfe und der Papst auch verstehen, warum die Leute sich verabschieden.

Sigrid Grabmeier
Bundesteam
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 20­.04.2009