24.2.2010 - Bietigheimer Zeitung SÜDWESTUMSCHAU

Missbrauch: "Wir sind Kirche" fordert vollständige Aufklärung

"Entschuldigung reicht nicht aus"

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" hält die Entschuldigung von Erzbischof Zollitsch bei den Missbrauchsopfern für nicht ausreichend. Das könne nur ein Anfang sein, sagten Vertreter der Kirchenbewegung.

Nachdem sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (BDK) und Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch am Montag bei den Menschen entschuldigt hatte, die von katholischen Priestern missbraucht worden sind, ging am Not-Telefon der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" ein weiterer Anruf ein. Die Frau eines Missbrauchsopfers habe sich gemeldet, berichtete Annegret Laakmann, "Wir sind Kirche"-Referentin, die 2002 das Not-Telefon initiiert hatte. Die Entschuldigung sei nicht ausreichend, habe die Frau am anderen Ende der Leitung gesagt. Ihr Mann sei als Jugendlicher missbraucht worden und habe sich deswegen das Leben genommen.

"Eine vom Papier abgelesene Entschuldigung kann nicht ausreichen und nur ein Anfang sein", sagte Christian Weisner vom "Wir sind Kirche"-Bundesteam. Offenbar hätten die deutschen Bischöfe die Dramatik der Verbrechen noch nicht in vollem Umfang erkannt. "Wenn die Bischöfe nicht grundlegend etwas ändern, wird das Vertrauen in die katholische Kirche erschüttert", sagte Weisner. Es reiche nicht aus, zum Beispiel in den Leitlinien marginal etwas zu verändern.

2002 hatten die deutschen Bischöfe Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen aufgestellt. Zu Beginn der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz hatte Zollitsch ein Überprüfen der Leitlinien angekündigt.

In der Priesterausbildung werde das Thema Sexualität mehr als dürftig behandelt, sagte der Theologe Magnus Lux von "Wir sind Kirche". Das müsse geändert werden, damit die jungen Männer auch darin reifen könnten. Die Initiative fordert die Einrichtung unabhängiger Anlaufstellen, an die sich Opfer von Gewalt und Missbrauch in der Kirche wenden könnten. Nötig sei eine deutschlandweit agierende Stelle. "Anlaufstellen in den Ordinariaten bringen nichts, denn die gehören zur Täterclique", sagte Laakmann. Redaktion: PETRA WALHEIM

Zuletzt geändert am 24­.02.2010