26.2.2010 - Pocus online

Kritik nach verhaltener Reaktion auf Missbrauchsfälle

Deutsche Bischofskonferenz

Kritik nach verhaltener Reaktion auf Missbrauchsfälle

Die Deutsche Bischofskonferenz ist nach ihrer verhaltenen Reaktion auf die Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg in die Kritik geraten. Man hätte sich bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle mehr Engagement und eine Beteiligung durch Außenstehende gewünscht. Die Kritik kam vor allem vom Sprecher der Missbrauchsopfer, als auch von der Bewegung „Wir sind Kirche“ und dem Jesuitenorden selbst. Die Reaktion der Deutschen Bischofskonferenz auf die Missbrauchsfälle in katholischen Internaten stößt auf kritische Reaktionen. Der Sprecher der Missbrauchsopfer, Norbert Denef, sprach am Freitag von mangelndem Aufklärungswillen und sogar einer „Verhöhnung der Opfer“. Auch die Bewegung „Wir sind Kirche“ hält die Reaktionen der Bischöfe nicht für ausreichend. Und die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens sagte, sie hätte eine Aufklärung durch Außenstehende für besser gehalten.

Zum Abschluss ihrer Vollversammlung in Freiburg hatte die Bischofskonferenz am Donnerstag einen Beauftragten für Missbrauchsfälle eingesetzt. Sie versprach, alle Vorwürfe aufzuklären sowie in begründeten Einzelfällen die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten. Außerdem wird eine Informations-Hotline eingerichtet. „Wir Bischöfe stellen uns unserer Verantwortung“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch.

Missbrauchsopfer Denef kritisierte im ZDF-Morgenmagazin, damit habe sich nichts geändert. „Man denkt jetzt lauter darüber nach, aber das Verdrängen, das Verschweigen ist nach wie vor noch“, sagte der nach eigenen Angaben im Alter von zehn Jahren von einem katholischen Pfarrer missbrauchte ehemalige Finanzchef der deutschen Börse. Die Ansicht, man könne das Ganze aus eigenen Reihen aufklären, halte er für völligen Unsinn. Er erwarte von der Bundesregierung, „dass sie eine unabhängige Kommission einsetzt, um die Verbrechen der Kirche aufzuklären.“

FDP fordert gesetzliche Konsequenzen

Kritisch äußerte sich in derselben Sendung auch die vom Jesuitenorden zur Aufklärung der Vorwürfe eingesetzte Rechtsanwältin Ursula Raue. „Eigentlich braucht man jemanden, der außerhalb des Systems steht“, sagte sie. Zwar sei der Beschluss, einen Missbrauchsbeauftragten einzusetzen, ein guter Anfang. „Wer eingebunden ist in dieses System, hat andere Loyalitäten und muss Rücksichten nehmen, ist unter Umständen berichtspflichtig“, fügte Raue jedoch hinzu. Das sei nicht gut für Aufklärung.

Die Theologin Magdalena Bussmann von der sogenannten Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ sagte im WDR ebenfalls, sie sehe keine grundlegenden Änderungen. In der Erklärung der Bischöfe finde sie überhaupt keine eindeutige Aussage, dass schon beim Anfangsverdacht die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werde. Auch würden die an sexuellem Missbrauch beteiligten Priester und Ordensleute nicht zur Selbstanzeige gedrängt. „Die richtige und wirkliche Kooperation mit den weltlichen Strafbehörden, die wird weiterhin ausgesetzt bzw. ganz halbherzig angegangen“, wird Bussmann zitiert.

Der FDP-Rechtsexperte Hartfrid Wolff sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, die Liberalen wollten vor dem Hintergrund der Missbrauchs-Affäre in der katholischen Kirche die Rechte von Opfern sexueller Übergriffe deutlich stärken. So müssten die Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen deutlich verlängert werden, wird der Bundestagsabgeordnete zitiert.

Zuletzt geändert am 26­.02.2010