4.3.2010 - Nürnberg Nachrichten

Pfarrgemeinden bestimmen neue Laienvertreter

Suche nach Kandidaten immer schwieriger

MÜNCHEN – Der Skandal um sexuellen Missbrauch von Schülern in Kloster-Internaten erschüttert die katholische Kirche - doch die Pfarrgemeinderatswahlen, die an diesem Wochenende in allen bayerischen Diözesen anstehen, sollen davon keinen Schaden nehmen.

«Gerade der Pfarrgemeinderat ist ja völlig unbelastet von dieser Situation», sagt der Geschäftsführer des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Karl Eder. Aber auch ohne den aktuellen Skandal gäbe es schon Probleme genug: Die Kandidatensuche verläuft vielerorts zäh, die Wahlbeteiligung ist mau. Und über allem schwebt die Frage: Wie viel Mitspracherecht haben die Mitglieder eines Pfarrgemeinderats überhaupt?

Laien eine Stimme geben

Das Gremium gibt Laien in der ansonsten klerikal geprägten Amtskirche eine Stimme. Sie können sich von den Gemeindemitgliedern wählen lassen. Vier Jahre stehen sie dann dem Pfarrer beratend zur Seite – bindende Entscheidungen kann der Rat in konkreten kirchlichen Fragen allerdings nicht treffen.

Lediglich wenn es darum geht, die Meinung der Kirche in gesellschaftlich-politischen Fragen zu positionieren, sind verbindliche Beschlüsse möglich. «Hier kann der Pfarrgemeinderat Stellung beziehen, sich zu Wort melden und in der örtlichen Gemeinde Flagge zeigen», sagt Eder. Wenn es zum Beispiel um den Schutz des Sonntags geht oder um die Familienfreundlichkeit einer Kommune – dann sei der Pfarrgemeinderat gefragt.

Einfluss hängt von örtlichem Pfarrer ab

Nach Einschätzung der Reformbewegung «Wir sind Kirche» hängt es sehr vom jeweiligen Ortspfarrer ab, wie viel Einfluss der Pfarrgemeinderat tatsächlich nehmen kann. «In manchen Gemeinden gibt es vonseiten des Pfarrgemeinderats ein ausgeprägtes spirituelles und seelsorglich orientiertes Engagement», sagt Sigrid Grabmeier, der bei «Wir sind Kirche» für das Thema Gemeinden zuständig ist. Oft bleibe dem Pfarrgemeinderat aber kaum mehr, als die Organisation von Pfarrfesten und Weihnachtsbasaren.

Grabmeier mahnt, der Pfarrgemeinderat dürfe nicht zum bloßen Beratungsgremium herabgestuft werden. Seine Reformbewegung fordert deshalb, dass das ehrenamtliche Engagement in den Pfarreien «nicht durch das Veto-Recht des Pfarrers beschnitten und eingegrenzt wird».


Bistum Regensburg besonders in der Kritik

Besonders in der Kritik steht das Bistum Regensburg. Dort hat Bischof Gerhard Ludwig Müller 2007 eine Reform der Laienräte eingeleitet: Vorsitzender des örtlichen Pfarrgemeinderats ist dort jeweils der Pfarrer – und nicht wie sonst meist üblich ein Laienvertreter. Im Jahr 2006 hatten sich in Bayern gerade einmal 17 Prozent der Stimmberechtigten an den Pfarrgemeinderatswahlen beteiligt.

Weil auch die Kandidatensuche in den rund 4000 bayerischen Pfarreien zuletzt immer schwieriger wurde, gibt es in diesem Jahr zahlreiche Aktionen, um die Katholiken für die Wahl zu erwärmen. Prominente wie Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) oder der soeben mit einer Silbermedaille von den Olympischen Winterspielen zurückgekehrte Skispringer Michael Uhrmann werben für den Pfarrgemeinderat.

Service in Oberfranken: Wahllokal auf Rädern

Im oberfränkischen Creußen (Landkreis Bayreuth) kommt das Wahllokal sogar zu den Wählern – in Form eines Kleinbusses, der am Wochenende die einzelnen Ortschaften der Pfarrei ansteuert. Im Erzbistum München-Freising haben sich nach Angaben des Diözesanrats, der Vertretung des Kirchenvolks, 9000 Gläubige bereiterklärt, für die insgesamt 6100 Sitze in den Pfarrgemeinderäten zu kandidieren.

Diözesanratschef Alois Baumgartner unterstreicht: Wer sich in diesen Zeiten für die Kirche engagiere, zeige, wie wichtig einem der Glaube sei – jetzt, da sich die «gesellschaftliche Stimmungslage» gegen die Kirche richte.

Von Kathrin Zeilmann, dpa

Zuletzt geändert am 07­.03.2010