17.4.2010 - AP

«Wir sind Kirche» mahnt Reformen an

München (apn) Die Bewegung «Wir sind Kirche» hat zum fünften Jahrestag der Amtseinführung des deutschen Papsts Benedikt XVI. eine kritische Bilanz gezogen. «Jetzt ist die Zeit für längst überfällige Reformen» erklärten die Kirchenkritiker am Samstag in Rom und München. Zugleich riefen sie alle Gläubigen auf, den entsprechenden Offenen Brief des Theologen Hans Küng an die Bischöfe in aller Welt zu unterstützen.

Die internationale Bewegung erklärte, der fünfte Jahrestag der Wahl Joseph Ratzingers zum Oberhaupt der Katholiken sei angesichts der weltweiten Missbrauchsskandale und ihrer jahrzehntelangen Vertuschung mit der tiefsten Krise der Kirche seit der Reformation belastet. «Nicht in der wachsenden Säkularisierung, sondern in der Unfähigkeit des Papsttums, die Zeichen der Zeit zu lesen, liegen die Ursachen für die tiefe Krise unserer Kirche», erklärte Raquel Mallavibarrena aus Madrid, die derzeitige Vorsitzende von «Wir sind Kirche».

Die vielen Fälle sexualisierter Gewalt und ihre Verschleierung seien auf die inhumane Auffassung von Sexualität und auf überholte patriarchale Machtstrukturen zurückzuführen. Die weltweite Krise mache deutlich, dass die klerikal-hierarchische Kirchenstruktur nicht mehr länger als Grundlage der institutionellen Verfassung der Kirche und ihrer Autorität dienen könne.

«Zu spät mit Aufarbeitung der Skandale begonnen»

Zugleich würdigte «Wir sind Kirche» aber die gegenwärtigen Bemühungen des Papstes zur Bekämpfung der Pädophilie in der Kirche. «Die Tragödie Benedikts ist, dass er zu spät und zu zögerlich mit der schonungslosen Aufdeckung und Aufarbeitung der Skandale begonnen hat und dass er von der römischen Kurie sowie von zahlreichen Kardinälen und Bischöfen nicht hinreichend unterstützt wird», heißt es in der Erklärung vom Samstag. Als Präfekt der Glaubenskongregation habe der heutige Papst aber noch 2001 alle Bischöfe dazu aufgefordert, sexuelle Straftaten gegen Minderjährige von Mitgliedern der Kirche möglichst geheim zu halten und allein die Kongregation darüber zu informieren.

Joseph Ratzinger, der seit fast drei Jahrzehnten die Verantwortung für die offizielle Gestalt der Glaubenslehre trage, sei letztlich auch dafür verantwortlich, «dass die Kirche in vielen Bereichen daran gescheitert ist, den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden». Immer wieder habe er die Anliegen, die ihm von Bischöfen, Theologen und vielen Laien aus der ganzen Welt vorgelegt worden seien, nicht ernst genug genommen. Auch den deutlichen Widerstand gegen alle Kriegshandlungen, wie ihn Papst Johannes Paul II. prägte, habe Benedikt aufgegeben.

Zuletzt geändert am 18­.04.2010