8.5.2010 - Süddeutsche Zeitung

Wir sind das Volk. Was Reformgruppen zum Kirchentag planen

Von Monika Maier-Albang

Sie werden eine lange Tafel durch den Mittelgang der Kirche ziehen, mit weißer Tischdecke und zwölf Körben darauf – in Anlehnung an die Brotvermehrung am See Genezareth. Dann wollen sie Gottesdienst feiern, so, wie es in einer Kirche der Zukunft vielleicht nötig sein wird: ohne Priester, nur das Volk, das selbst den Segen Gottes erbittet.

„Gedächtnismahl“ nennen die kirchlichen Reformgruppen die Feier, die sie am kommenden Freitagabend, während des Ökumenischen Kirchentags, in der Maximilianskirche in der Isarvorstadt feiern wollen. Dass man möglichst bald gemeinsam Abendmahl feiern kann, ist der Wunsch, erzwingen wolle man dies aber nicht, sagt Sigrid Grabmeier von der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“. „Und zwar nicht, weil wir uns nicht trauen“, sondern weil man theologisch weitergedacht habe: Es soll diesmal keinen „priesterkonzentrierten“ Gottesdienst geben, und kein „Opferpriestertum“. 2003 war der katholische Theologieprofessor Gotthold Hasenhüttl vom Priesteramt suspendiert worden, nachdem er in der evangelischen Gethsemanekirche auch Protestanten zur Kommunion eingeladen hatte. Hasenhüttl wird diesmal auch kommen, allerdings außerhalb des Programms.

Für die Kirchentags-Organisatoren sei er „noch immer persona non grata“, sagt Christian Weisner von „Wir sind Kirche“. Überhaupt sei die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern „noch schwieriger“ gewesen als beim Ersten Ökumenischen Kirchentag. So seien die Reformgruppen zu keinem der Hauptpodien eingeladen worden. In den Vorbereitungsgruppen hätten die Veranstalter ihnen nur einen Platz eingeräumt. Dennoch haben die Reformer nun eine ganze Reihe Veranstaltungen: Sie bringen die Theologen Hans Küng und Jürgen Moltmann aufs Podium, haben den Sozialethiker Friedhelm Hengsbach eingeladen und planen eine Menschenkette, die den Dom mit der evangelischen Bischofskirche St. Matthäus verbinden soll. Als „sichtbares Zeichen für das Drängen“ des Kirchenvolks nach Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl.

Zuletzt geändert am 08­.05.2010