15.5.2010 - zdf.de

"Das Gegenteil von dem, was Jesus wollte!"

Der suspendierte Priester Hasenhüttl fordert gemeinsames Abendmahl

Weil er auf dem Kirchentag 2003 mit Katholiken und Protestanten das Abendmahl gefeiert hat, wurde der katholische Priester Gotthold Hasenhüttl suspendiert. Nun hat er wieder zum gemeinsamen Abendmahl geladen. Im heute.de-Interview erklärt er, warum.

heute.de: Warum ist es so wichtig, dass Katholiken und Protestanten gemeinsam das Abendmahl feiern?

Hasenhüttl: Ich finde, dass es ganz entscheidend ist. Weil das der entscheidende Punkt ist, wo sich eben Katholiken und evangelische Christen bisher noch nicht geeinigt haben und dies auch das Zentrum der Kirche ist. Denn sie wird ja konstituiert durch Jesus Christus. Und das Abendmahl ist ja das Symbol des Leibes Christi. Und wenn wir zum Leib Christi gehören, wie ja die Evangelischen und die Katholiken durch die Taufe zum Leib Christi gehören, so ist das unglaublich, dass man sich gegenseitig den Leib Christi verweigert - vor allem von katholischer Seite.

heute.de: Dass sie selbst suspendiert worden sind, weil Sie auch an Protestanten die Kommunion ausgeteilt haben - was sagen Sie dazu im Lichte der nun bekannt gewordenen Missbrauchsfälle und in Anbetracht dessen, wie da mit Priestern umgegangen wurde?

Hasenhüttl: Sehen Sie, das ist der Unterschied: Ich bin suspendiert worden und mir ist die Lehrerlaubnis entzogen worden, weil ich evangelischen Christen die Eucharistie gereicht habe. Und ich habe noch nie gehört, dass ein Geistlicher - sei es auch ein Bischof - die verschiedene Dinge getrieben haben, auch an Missbrauch, dass da irgendjemand suspendiert wurde. Ein Beispiel: Der frühere Erzbischof von Wien, Groer, ist nur versetzt worden, weil er Missbrauch mit Jugendlichen getrieben haben soll.

heute.de: Nun ist Mixa ein schlechtes Beispiel, oder? Er ist ja zurückgetreten.

Hasenhüttl:Herr Mixa kann weiterhin die Messe feiern, er ist Bischof im Ruhestand, er hat alle Ehren, er bekommt eine wohl dotierte Pension und alles Drum und Dran, während andere, wie zum Beispiel Majella Lenzen, die in Afrika Kondome verteilt hat, fristlos entlassen und Hartz-IV-Empfängerin wurde. Das ist die soziale Einstellung der katholischen Kirche! Der Bischof bekommt eine fette Pension und eine Nonne wird auf Hartz IV gesetzt.

heute.de: Sie werden suspendiert, weil Sie die Eucharistie mit Protestanten gefeiert haben, Priester die wegen Missbrauchs verurteilt wurden, werden nur versetzt. Verstehen Sie das?

Hasenhüttl: Nein. Oder doch: Ich kann das insofern verstehen, weil das im Grunde nicht die Institution als solche infrage stellt. Während, wenn jemand den Evangelischen die Kommunion reicht, durchaus das Monopol der Katholischen Hierarchie in Frage gestellt wird.

heute.de: Aber was ist das für eine Institution, die durch Kindesmissbrauch nicht in Frage gestellt wird, wohl aber durch Toleranz?

Hasenhüttl: Das ist eine Institution, die meint, von Gottes Gnaden zu existieren, die sich als Mittler zwischen Gott und Mensch aufspielt. Und die daher meint, das Entscheidende sei, auf der Würde der Institution zu beharren. Und es geht nicht um die Würde des einzelnen Menschen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Jesus Christus wollte, indem er sich für die Opfer, für die Kleinen, für den Kranken, für den Schwachen eingesetzt hat. Und genau das tut die katholische Kirche leider nicht, sondern sie ist nur bedacht, auf die Wahrung ihrer Institution, dass sie da unbeschadet aus dem ganzen Schlamassel jetzt herauskommt.

heute.de: Was sagen sie den Menschen auf dem ökumenischen Kirchentag, die für ein gemeinsames Abendmahl zwischen Katholiken und Protestanten eintreten - etwa bei der Menschenkette, quer durch die Münchner Innenstadt am Samstag?

Hasenhüttl: Das ist ein gutes Zeichen - nur dieses Zeichen ist zu wenig. Sondern wir müssen wirklich etwas tun. Wir müssen ökumenische Gastfreundschaft flächendeckend verwirklichen. Nur dann, wenn der Druck von unten kommt, nur dann wird sich auch in der Kirche, vor allem in der katholischen Kirche etwas verändern.

heute.de: Zu dieser ökumenischen Abendmahlfeier, die Sie 2003 auf dem ökumenischen Kirchentag in Berlin gehalten haben: Was ist das für ein Gefühl, wenn katholische und evangelische Christen das Abendmahl gemeinsam feiern?

Hasenhüttl: Also es war ein wunderbares Gefühl. Neben meiner Primizmesse war das die schönste Messe meines Lebens. Man hat gespürt, dass der gute Geist Gottes unter uns wirkt und wir wirklich gemeinsam gefeiert haben.

heute.de: Einen ähnlichen Eindruck konnte man auch von der Vesper bekommen, die gestern Abend gemeinsam tausende Christen auf dem Odeonsplatz gefeiert haben. Gemeinsam konfessionsübergreifend das Brot brechen zu können - ist das ist ein wichtiger Moment, den es anzustreben gilt?

Hasenhüttl: Ja natürlich! Gar keine Frage. Aber das war ja natürlich nur eine Simulation der Ökumene, eine Simulation der Eucharistie. Und das finde ich eben schade. Dass man da nicht wirklich eine Eucharistie gemeinsam gefeiert hat. Man hat nur Brot und Äpfel genommen und gleichsam eine Ökumene vorgespielt. Die aber besteht in Wirklichkeit nicht, weil eben eine eucharistische Gemeinschaft, die gegenseitige Anerkennung des Abendmahls, nicht stattfindet.

Das Interview führte Ulrich Hansen


Professor Gotthold Hasenhüttl, geboren am 2. Dezember 1933 in Graz/Österreich, ist katholischer Theologe. Hasenhüttl hatte beim ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin die Kommunion demonstrativ auch an Protestanten ausgeteilt. Der damalige Trierer und heutige Münchner Erzbischof Reinhard Marx hatte ihn darauf als Priester suspendiert und ihm die Lehrerlaubnis entzogen.

Zuletzt geändert am 17­.05.2010