8.7.2010 - www.glaubeaktuell.net

100 Tage Bischofs-Hot-Line für Opfer sexualisierter Gewalt

(München/wsk) - Auch 100 Tage nach Einrichtung der Hot-Line der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Opfer sexualisierter Gewalt sieht die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche weiterhin akuten Handlungs- und Aufklärungsbedarf sowohl auf der Ebene der Bischofskonferenz als auch in vielen Diözesen. Nach Ansicht der katholischen Reformbewegung hat die kirchliche und weltliche Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren, ob, wann und wie die von den Bischöfen angekündigten Maßnahmen auch wirklich realisiert werden und wie erfolgreich sie sind. Denn nur so kann der Gefahr des Vertuschens und Verschleierns wirksam begegnet werden.

Am 30. März 2010 richtete die Bischofskonferenz eine Hot-Line für Opfer sexualisierter Gewalt in der röm.-kath. Kirche ein (www.hilfe-missbrauch.de). Überraschend viele Betroffene hatten sich bereits in der Anfangsphase bei dieser Hotline gemeldet. Die Hotline versteht sich als „Türöffner“ und vermittelt Kontakte zu den diözesanen Beauftragten und zu Beratungsstellen; sie gibt Rat bei der Suche nach psychologischer und rechtlicher Hilfe.

Jetzt nach 100 Tagen ist es Zeit nachzufragen, inwieweit die Hotline die berechtigten Erwartungen der Betroffenen auch wirklich erfüllt. Aus der Erfahrung der KirchenVolksBewegung, die seit 2002 ein eigenes Nottelefon betreibt, muss vermutet werden, dass viele Opfer von der mit großen Worten eröffneten bischöflichen Hotline enttäuscht sind: von der nur stundenweisen Erreichbarkeit an drei Tagen in der Woche, von der wenigen Zeit, die für sie zur Verfügung steht, und von den doch eher spröden Hilfsangeboten.

Seitens der Bischofskonferenz scheint es nach wie vor an der notwendigen Offenheit zu mangeln. Auf der Tagesordnung des Ständigen Rates der Bischofskonferenz, die am 21. und 22. Juni 2010 in Würzburg tagte, stand ein Bericht über die Erfahrungen der Hotline, die in Zusammenarbeit mit der Lebensberatung im Bistum Trier betrieben wird und nach derzeitigem Stand bis September 2011 befristet ist. Kein Wort drang an die Öffentlichkeit, keine Pressemitteilung gab Informationen. Die letzten veröffentlichten Zahlen stammen von Anfang Mai 2010.

Probleme scheint es auch bei der Überarbeitung der bischöflichen Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen zu geben, die – anders als noch Ende April angekündigt – auf dieser Sitzung nicht verabschiedet wurden. Die Frage nach der Unabhängigkeit einer – ebenfalls angekündigten – Studie zum Thema sexuelle Kindesmisshandlungen durch Kleriker, wie sie z. B. in den USA existiert, bleibt nach wie vor unbeantwortet.

Unter dem Motto „Zuhören ist gut – Handeln ist notwendig“ hatte die KirchenVolksBewegung vor der Sitzung des Ständigen Rates der DBK an die Bischofskonferenz und an den Beauftragten Bischof Dr. Stephan Ackermann appelliert, aus der Auswertung der Anrufe Konsequenzen zu ziehen und konkret zu handeln. (siehe http://www.wir-sind-kirche.de)

Das 2002 eingerichtete Nottelefon der KirchenVolksBewegung hat in den vergangenen acht Jahren 400 Betroffene intensiv beraten und begleitet und soll solange weitergeführt werden, bis in allen Bistümern unabhängige und kompetente AnsprechpartnerInnen benannt werden.

Zuletzt geändert am 29­.01.2014