„Verantwortung tragen“ war der Titel eines mutmachenden Songs auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag in München. Doch wirklich Verantwortung zu tragen, scheint immer schwieriger zu werden. Der überstürzte Rücktritt des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler am 31. Mai wie auch die Ausstiege der Landes-Chefs in Hessen (Roland Koch) und Hamburg (Ole von Beust) aus der Politik müssen zu denken geben.

Aber auch die Kirchen, bisher Horte der Beständigkeit, sind von Rücktritten ihres Führungspersonals akut betroffen. In Deutschland haben jetzt innerhalb weniger Monate Bischof Walter Mixa sowie die Bischöfinnen Margot Käßmann und Maria Jepsen – wenn auch aus jeweils sehr unterschiedlichen Anlässen und auf sehr unterschiedliche Art – ihr Amt aufgegeben. In der römisch-katholischen Kirche hat die Aufdeckung der jahrzehntelangen Vertuschung sexualisierter Gewalt eine beispiellose weltweite Rücktrittswelle ausgelöst, die unsere über alle Maßen auf das bischöfliche und priesterliche Amt ausgerichtete Kirche an den Rand ihrer Existenz bringt. „Eine Kirche ohne Klerus, in der nicht nur jedes Sakrament, sondern mit dem Kirchenrecht von 1983 jede Jurisdiktion an das Weiheamt gebunden ist, führt sich selbst ad absurdum“, schreibt sogar die eher konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Die Ansprüche an weltliche und kirchliche „Würdenträger“ sind zu recht hoch. Doch je höher der Sockel, auf den sie sich selber erheben oder wir sie stellen, umso tiefer der Fall. Die Hoffnung, „die da oben“ werden es schon richten, trägt schon lange nicht mehr. Wir brauchen dringend neue Formen der Beteiligung an zentralen Zukunftsfragen und der Teilung von Verantwortung. Für die Herrschenden ist dies sicher ein schmerzlicher Machtverlust. Für das (Kirchen-)Volk bedeutet dies eine stärkere Einbindung in die Verantwortlichkeit. Aber gemeinsam könnte es auch einfacher sein, gerade in der jetzigen Zeit großer Umbrüche Verantwortung zu tragen und mit Gottes Hilfe auch zu wagen.

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
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