14.9.2010 - Mannheimer Morgen

Boot mit Botschaft unterwegs

Von unserem Mitarbeiter Christian Hoffmann

"Die Fahrt ist bestens verlaufen, es herrschte eine super Stimmung", fasste Kapitän Karl Hofstätter zusammen. In den Abendstunden des vergangenen Sonntags legte die MS Europa neben der Kurpfalzbrücke an. Es war die Endstation. Am frühen Sonntagmorgen war das Schiff in Bingen gestartet, um 140 Passagiere unter dem Motto "Gegen den Strom - von Rom" nach Mannheim zu bringen. Eine Flussfahrt mit Botschaft: Die Teilnehmer gehörten der Kirchenbewegung "Wir sind Kirche" an, die eine Erneuerung im Katholizismus anstrebt. Die Fahrt entlang des Rheins war Auftaktveranstaltung zur 15-Jahr-Feier der Initiative "Wir sind Kirche".

Auf dem frisch renovierten Schiff MS Europa erlebten die Passagiere einen wundervollen Tag bei schönstem Sonnenschein. Im lockeren Beisammensein bot sich ihnen an Bord die Möglichkeit, zu singen, zu musizieren und Gottesdienst zu feiern. Eine kleine Bar versorgte die Mitfahrenden mit Getränken, es gab Kaffee und Kuchen. "Wir sind Kirche hat wohl mehr zum Bewusstseinswandel unter den Gläubigen beigetragen, als wir je zu hoffen gewagt hatten", erklärte Dietgard Heine von der Mainzer Diözesangruppe. "Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom fahren", erläuterte die Mannheimerin Monika Schulz-Linkholt, Sprecherin der Freiburger Diözesangruppe. "Da der nächste Katholikentag im Mai 2012 in Mannheim stattfinden wird, bringen wir unsere Hoffnungen auf Erneuerung unserer Kirche jetzt schon dorthin." Die sechs Schiffe der Heidelberger Firma "Rhein-Neckar-Fahrgastschifffahrt" werden oft zu Geburtstags- oder Unternehmensfestlichkeiten gebucht, daneben an Weihnachten oder Silvester. Kürzlich transportierte die MS Europa eine SPD-Gruppe, darunter Parteivorsitzender Sigmar Gabriel.

Bei der Fahrt mit der Initiative "Wir sind Kirche" hätte eigentlich auch der Theologe Professor Dr. Hans Küng mit an Bord sein sollen, der jedoch verhindert war. Küng ist weltweit als katholischer Kirchenkritiker bekannt. Auf der MS Europa wurde stattdessen ein Grußwort von Küng verlesen. "Die unter den beiden Restaurationspäpsten um sich greifende Vertuschung zahlloser Fälle von sexuellem Missbrauch durch Kleriker hat das Versagen des absolutistischen römischen Systems aufgedeckt", verkündete Küng in seinem Schreiben. Die Bewegung "Wir sind Kirche" stellt fünf Hauptforderungen: Da ist einmal der Wunsch nach mehr Mitbestimmung, die Frau soll Gleichberechtigung erfahren, das Zölibat soll freigestellt werden, einhergehend wird ein entspannterer Umgang mit Sexualität verlangt und die Verkündigung als Frohbotschaft ist gewünscht.

Die innerkirchliche Reformbewegung der römisch-katholischen Kirche ist in mehr als 20 Ländern auf allen Kontinenten vertreten, allein im deutschsprachigen Raum stehen 2,5 Millionen Menschen hinter der Initiative.

http://www.morgenweb.de/region/mannheim/artikel/20100914_mmm0000000539764.html

Zuletzt geändert am 17­.09.2010