15.9.2010 - ZDF

Vom Begehren zur Bewegung. Kirchenvolksbewegung in Fakten

von Simone Ringelstein Im Jahr 1995 gerät die römisch-katholische Kirche in Österreich in die Krise. Anlass ist der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegenüber Kardinal Hans Hermann Groër, dem damaligen Erzbischof von Wien. Die Idee des Kirchenvolksbegehrens wird daraufhin geboren. Das Kirchenvolksbegehren

Im Oktober 1995 schließen sich rund 1,8 Millionen Frauen und Männer in Deutschland den Österreichern an und nehmen am Kirchenvolksbegehren teil. Vom Begehren zur Bewegung im Sommer 1996 beschließen in Düsseldorf Vertreter aus den deutschen Diözesen, die Gründung der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche", um die fünf Forderungen des Begehrens umzusetzen.

INFOBOX

Die fünf zentralen Forderungen lauten:
1. Aufbau einer geschwisterlichen Kirche
2. Volle Gleichberechtigung der Frauen
3. Freie Wahl zwischen zölibatärer und nicht-zölibatärer Lebensform
4. Positive Bewertung der Sexualität als wichtiger Teil des von Gott geschaffenen und bejahten Menschen
5. Frohbotschaft statt Drohbotschaft

Im November 1996 wird die "Internationale Bewegung - Wir sind Kirche" gegründet. Bis heute ist sie in mehr als zwanzig Ländern auf allen Kontinenten vertreten und weltweit vernetzt. Im Jahr 1997 rückt die "Frauenfrage" stärker in den Mittelpunkt. Die Aktion "Lila Stola" setzt sich für die zweite Forderung des Kirchenvolksbegehrens ein: Volle Gleichberechtigung der Frau bis hin zur Öffnung des Priestertums. In einem theologischen Lehrgang werden Frauen zu Diakoninnen ausgebildet. Bis heute haben sie jedoch keine Weihe erhalten. Die "Frauenwürde" wird im Jahre 1998 zum Thema als die Kirche sich aus der gesetzlichen Schwangerenkonflikt-Beratung zurückzieht und den Verein "Wir sind Kirche - Frauenwürde e. V." gründet.

"Eucharistische Gastfreundschaft"

Auf dem evangelischen Kirchentag 2001 in Frankfurt sammelt die Bewegung über 5.000 Unterschriften für eine Resolution zur "eucharistischen Gastfreundschaft" und setzt sich damit für eine gemeinsame Eucharistiefeier zwischen Katholiken und Protestanten ein. Der Konflikt um die Frage nach einer gemeinsamen Eucharistiefeier erreicht auf dem ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin seinen Höhepunkt. In zwei Gottesdiensten werden alle Christen, evangelische und katholische, zum Empfang der Eucharistie bzw. des Abendmahls eingeladen. Der katholische Priester Prof. Hasenhüttl wird wegen der Leitung des Gottesdienstes suspendiert und Pfarrer Kroll wegen des Empfangs des Abendmahles sein Pfarreramt aberkannt.

Nach zehn Jahren Kirchenvolksbewegung findet im Oktober 2005 in Köln die Bundesversammlung zum zehnjährigen Bestehen der Bewegung statt. Auch in den Diözesen macht man mit Jubiläumsveranstaltungen auf die Bewegung und ihre Ziele aufmerksam.

http://sonntags.zdf.de/ZDFde/inhalt/30/0,1872,8112894,00.html

Zuletzt geändert am 10­.11.2010