22.11.2010 - DPA

Reformer fordern Entstaubung der katholischen Sexualmoral

München (dpa) - In den Einschränkungen von Papst Benedikt XVI. zum Kondom-Verbot sieht die Reformbewegung «Wir sind Kirche» keinen grundlegenden Kurswechsel des Vatikans. Es sei enttäuschend, dass der Heilige Vater weiterhin nur in begrenzten Ausnahmefällen - etwa bei Prostituierten - die Nutzung von Kondomen für vertretbar halte, sagte «Wir sind Kirche»-Sprecher Christian Weisner am Montag der Nachrichtenagentur dpa in München. Diese nur minimale Lockerung der kirchlichen Kondom-Ächtung sei im Grunde «ein Affront gegen alle katholischen Eheleute».

«Deshalb sind für mich euphorische Kommentare, die von einer Liberalisierung der kirchlichen Positionen sprechen, überhaupt nicht nachvollziehbar», sagte Weisner. «Was dringend nötig und längst überfällig ist, das ist eine Neuausrichtung der katholischen Sexualmoral - sie muss entstaubt werden.» Mit der anhaltenden Verdammung der Anti-Baby-Pille und der Fokussierung der Sexualität auf die Fortpflanzung sei die katholische Kirche meilenweit von der modernen Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt.

Man könne nur hoffen, dass die Papst-Äußerungen zum Kondom-Verbot endlich auch Bewegung in die Debatte um die Sexualmoral bringen, sagte Weisner. «Statt Normen zu setzen, die kaum jemand befolgen kann, geht es um die Formulierung von überzeugenden Werten für eine Sexualität, die sich auch immer dem Grundgedanken der christlichen Verantwortlichkeit verpflichtet weiß.» Denn für Christen seien schrankenlose Sexualität und Libertinage ohnehin nicht akzeptabel.

Zuletzt geändert am 23­.11.2010