11.3.2011 - Frankfurter Rundschau

Papst Benedikt: Der neue Freund der Protestanten

Nur ein kurzes Treffen mit Protestanten bei seinem Deutschland-Besuch war dem Papst zu wenig. Er ändert das Programm, um mehr Zeit für die Ökumene zu haben - überraschend auch für seine eigenen Glaubensbrüder.

Frankfurt – Die katholische Kirche in Deutschland ist vom Wunsch von Papst Benedikt XVI., bei seinem Deutschlandbesuch stärkere ökumenische Akzente zu setzen, offenbar überrascht worden. „Wir freuen uns, dass der Papst neue Ideen für den Besuch hat“, sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, der Frankfurter Rundschau. Er äußerte sich in Frankfurt am Rande der Vorstellung des neuen Papst-Buches durch den Bischofskonferenz-Vorsitzenden Robert Zollitsch.

Wie pikant die Angelegenheit ist, zeigte sich daran, dass Erzbischof Zollitsch ausdrücklich keine Fragen zu dem Thema beantworten wollte. Benedikt hatte zuvor persönlich die bisherigen Pläne umgeworfen, nach denen nur eine kurze Begegnung mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorgesehen war. In einem Schreiben an den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider beklagt der Papst, dass in dem vorläufigen Programm das Treffen mit der EKD „einen relativ bescheidenen Raum einnimmt“. Er werde nun alles tun, „damit die Begegnung mit den evangelischen Christen gebührenden Raum erhält“.

Der Vorstoß des Papstes ist nicht nur sehr ungewöhnlich, sondern auch überraschend. Das Verhältnis zwischen Benedikt und den Protestanten ist gespannt. So hatte der Papst 2007 in einem Dokument der Glaubenskongregation seine Haltung betont, wonach die evangelische Kirche nicht „Kirche im eigentlichen Sinn“ sei. Die Empörung unter den Protestanten war nachhaltig. Bei seinem Besuch in Deutschland im September wollte Benedikt offenbar eine erneute Missstimmung vermeiden. Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider hatte zuvor in einem Brief ausdrücklich um eine Begegnung gebeten. Nun reagierte er erfreut auf die Antwort: „Ich freue mich über das positive Signal des Papstes und bin sehr zuversichtlich, dass es im Rahmen seines Besuches in Deutschland im September zu einem guten und fruchtbaren Austausch kommen wird“, sagte Schneider der FR.

„Sehr erfreuliche Geste“

Auch der evangelische Theologe Christoph Markschies hält die Intervention des Papstes für eine „sehr erfreuliche Geste“ − auch wenn der Besuch wohl nicht „zu einem ökumenischen Durchbruch“ führen werde. Das Verhältnis des Papstes zu den Protestanten hält Markschies nicht für rein negativ belastet, sondern für „ambivalent“. „Es gibt Dinge, die ihm sehr fremd sind, und Dinge, die er sehr schätzt“, sagte er der FR. In seinem neuen Buch etwa stütze sich Benedikt sehr stark auf evangelische Exegeten.

Dies betonte auch Zollitsch bei der Buchpräsentation. Der zweite Band von „Jesus von Nazareth“, in dem sich Benedikt mit den letzten Tagen Jesu bis zur Auferstehung befasst, sei ein „großes Werk der Ökumene“. Kein Papst zuvor habe die evangelische Theologie so aufgenommen.

Bei so viel ökumenischer Begeisterung gießt Christian Weisner von „Wir sind Kirche“ etwas Wasser in den Wein. Letztlich entscheidend seien nicht Gesten und Ankündigungen, sondern konkrete Fortschritte. Und die fehlten.

http://www.fr-online.de/politik/der-neue-freund-der-protestanten/-/1472596/8028864/-/view/asFirstTeaser/-/index.html

Zuletzt geändert am 11­.03.2011