29.4.2011 - kathpress

Ökumenische Initiative sieht Heiligsprechung Romeros "von unten"

Zahlreiche Unterzeichner der Erklärung auch aus Österreich - Kritik an Seligsprechung Johannes Pauls II.

29.04.11 (KAP-ID) Von Theologen und Laien unterzeichnete Memoranden und Forderungskataloge sind wieder hoch im Kurs. So zählt ein von der "Christlichen Initiative Romero" initiierter "Ökumenischer Aufruf" zur Heiligsprechung des 1980 ermordeten salvadorianischen Erzbischofs Oscar Arnulfo Romero rund 50 unterstützende Organisationen und mehr als 350 zum Teil prominente einzelne Unterstützer. Im Mittelpunkt des Aufrufs steht die Bitte, am 1. Mai "der Heiligsprechung des Märtyrers San Oscar Romero durch die Armen Lateinamerikas und durch Freundinnen und Freunde Jesu auf dem ganzen Erdkreis zu gedenken".

Der Aufruf wäre vermutlich als wohlmeinender Akt der Würdigung Romeros von den Medien kaum beachtet worden, wäre er nicht geschickt auf jenen Tag terminiert worden, an dem in Rom Johannes Paul II. seliggesprochen wurde. Wenn nämlich die Autoren eine "von unten erfolgte Heiligsprechung von San Oscar Romero" konstatieren, die "ohne ein teures Verfahren von Kirchenbehörden" zustande gekommen sei, so muss sich das angesichts des Termins zugleich als Kritik an der Seligsprechung Johannes Pauls II. lesen.

Tatsächlich verabsäumt der Aufruf auch nicht, auf ein Treffen 1979 zwischen Romero und Johannes Paul II. hinzuweisen, bei dem Romero "weder Gehör noch Unterstützung in seinen Bedrängnissen" erfahren habe. "Der Papst versteht mich nicht", habe er damals nach dem Treffen gesagt.

Laut eigenen Angaben versteht sich Gedenkaufruf "San Oscar Romero" als internationale, ökumenische und "basischristliche Initiative von unten", die ein "ökumenisches Verständnis von Heiligkeit im Sinne der Seligpreisungen in der Bergpredigt Jesu" entfalten möchte. Dezidiert halten die Initiatoren fest, dass der Aufruf "keine Forderung nach einer amtlichen Kanonisation durch eine zentrale Kirchenbehörde" darstelle.

Unter den Unterstützern finden sich durchaus prominente Namen wie etwa der Befreiungstheologe Leonardo Boff, die Bischöfe Jacques Gaillot (Frankreich) und Luis Flavio Cappio (Brasilien), der CDU-Politiker Heiner Geißler, Eugen Drewermann, Hans Küng, P. Klaus Mertes, Dietmar Mieth, Elisabeth Schüssler-Fiorenza und andere.

Aus Österreich wird der Aufruf u.a. unterstützt von der Grazer Religionswissenschaftlerin Prof. Ulrike Bechmann, dem Salzburger Theologen Prof. Anton Bucher, dem Wiener Moraltheologen Prof. Gunter Prüller-Jagenteufel, dem Wiener Theologen und Philosophen Prof. Hans Schelkshorn sowie von Hans Peter Hurka von der Plattform "Wir sind Kirche" und Herbert Kohlmaier von der "Laieninitiative". Auch die österreichische Arbeitsgemeinschaft Christentum und Sozialdemokratie (ACUS) zählt zu den Unterzeichnern.

Flankierende Kritik an Seligsprechung

Ausdrücklich ins Licht der Kritik an der Seligsprechung Johannes Pauls II. gerückt wurde der Aufruf von der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt", die ihn in ihrer jüngsten Ausgabe veröffentlichte. Dabei wird der Aufruf flankiert durch ein Interview mit dem früheren CDU-Generalsekretär Geißler. Die Haltung Johannes Pauls II. zur Befreiungstheologie habe der Kirche Lateinamerikas "sehr geschadet", so Geißler, er habe "die Armen regelrecht verraten", so seine Diktion.

Zwar habe Johannes Paul II. maßgeblich daran mitgewirkt, den Kommunismus zu stürzen, er sei durch seinen "Antikommunismus" jedoch "so verblendet" gewesen, "dass er nicht sehen wollte, dass die Befreiungstheologie keine marxistischen Ziele formuliert hat, sondern urchristliche". Eine Seligsprechung Oscar Romeros hingegen hielte Geißler für ein wichtiges Signal. "Das Traurige ist doch, dass einer wie dieser Erzbischof von San Salvador gar keine Chance bei der Kurie hat", meinte er.

Für Romero läuft seit 1996 ein offizielles Seligsprechungsverfahren. Kürzlich machte der Postulator des Seligsprechungsverfahrens, Bischof Vincenzo Paglia, eine "Instrumentalisierung" Romeros als Grund für die Verzögerungen in dem Verfahren geltend. In früheren Äußerungen hatte Paglia von einer politischen Vereinnahmung Romeros im Sinne der Befreiungstheologie gesprochen.

Zuletzt geändert am 19­.05.2011