18.9.2011 - FOCUS online

Papst-Rede stößt auf Kritik

Die geplante Rede von Papst Benedikt XVI. im Bundestag stößt auf Kritik. Abgeordnete von Grünen und SPD sehen die weltanschauliche Neutralität des Staates verletzt. Grünen-Abgeordneter Hans-Christian Ströbele: „Dass der Deutsche Bundestag seine Sitzungswoche verschiebt, damit mehr Abgeordnete anwesend sind, wenn der Papst kommt, ist nicht mit der Trennung von Kirche und Staat zu vereinbaren.“ Die geplante Rede von Papst Benedikt XVI. im Bundestag stößt auf heftige Kritik. Abgeordnete von Grünen und SPD sehen damit die weltanschauliche Neutralität des Staates verletzt. Der Papst wandte sich am Wochenende per Fernsehen an die Deutschen. Er sagte, er freue sich auf seinen Besuch, der ihn ab Donnerstag nach Berlin, Erfurt, ins thüringische Eichsfeld und nach Freiburg führt.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele nannte die für Donnerstag geplante Rede des Papstes im Bundestag „unangemessen“. Er sagte im Interview der dapd: „Dass der Deutsche Bundestag seine Sitzungswoche verschiebt, damit mehr Abgeordnete anwesend sind, wenn der Papst kommt, ist nicht mit der Trennung von Kirche und Staat zu vereinbaren.“ Er ließ offen, ob er zur Papst-Rede im Bundestag dabei sein werde.

Der SPD-Abgeordnete Rolf Schwanitz sagte, der Bundestag sei der falsche Ort für eine glaubensbezogene Rede eines Kirchenoberhauptes. Selbstverständlich werde die Rede auch einen missionarischen Hintergrund haben, sagte er der „Sächsischen Zeitung“.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, wies die Kritik als beschämend zurück. Er schrieb in der „Bild am Sonntag“, der Papst spreche vor dem deutschen Parlament als Staatsoberhaupt des Vatikan.

Papst freut sich auf Rede im Parlament Vier Tage vor seinem Ankunft in Berlin wandte sich der Papst am Samstagabend in der ARD-Sendung „Das Wort zum Sonntag“ an die Deutschen. „Ich freue mich besonders auf Berlin, wo es viele Begegnungen geben wird, und freue mich besonders natürlich auf die Rede im Bundestag und auf den großen Gottesdienst, den wir im Olympiastadion feiern dürfen,“ sagte er. Rund 2,36 Millionen Fernsehzuschauer sahen die Sendung laut ARD. Das entspricht einem Marktanteil von 12,2 Prozent.

Ein Höhepunkt seiner Reise werde das Treffen mit Vertretern der Evangelischen Kirche Deutschlands sein, sagte der Papst. „Wir erwarten keine Sensationen. Das eigentlich Große daran ist eben dies, dass wir miteinander an diesem Ort denken, das Wort Gottes hören und beten, und so inwendig beieinander sind und sich wahrhaft Ökumene ereignet“.

Für Merkel steht Ökumene im Vordergrund Bundeskanzlerin Angela Merkel widmete ihre wöchentliche Internet-Botschaft dem Besuch. Sie erklärte, für sie stehe der Aspekt der Ökumene „ganz besonders im Mittelpunkt“. Benedikt XVI. komme in das Land der Reformation. „Und wir bereiten uns gerade in der Dekade bis 2017 auf 500 Jahre Reformation in Deutschland vor“.

Papst Benedikt plant nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ auch ein Treffen mit Opfern sexueller Gewalt. Über den Termin werde im Vatikan und bei der Deutschen Bischofskonferenz Stillschweigen bewahrt.

Deutschen erwarten keine Impulse Nach einer Umfrage von TNS Emnid im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erwarten 53 Prozent der Deutschen keine entscheidenden Impulse von dem Besuch. 41 Prozent hoffen auf Fortschritte in der Zusammenarbeit zwischen katholischer und evangelischer Kirche. 35 Prozent erwarten einen intensiveren Dialog zwischen Christen, Muslimen und Juden. Die Umfrage belegt laut Emnid, dass die religiöse Identität der Deutschen trotz Kirchenaustritten und Missbrauchsfällen nicht gelitten hat.
Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ warnte davor, drängende Missstände in der Kirche auszublenden. Der Papst-Besuch falle in die „weltweit größte Krise der römisch-katholischen Kirche seit der Reformation“.

Zuletzt geändert am 19­.09.2011