7.10.2011 - sueddeutsche.de

Bischöfe zeigen sich mit Papst-Besuch zufrieden

Von Franziska Brüning

Der Besuch des Papstes in Deutschland habe die Einheit der Kirche gestärkt, resümiert die Deutsche Bischofskonferenz - auch wenn er sich einer "vordergründigen politischen Deutung" entzogen habe. Die Laienbewegung "Wir sind Kirche" kritisiert, der Heilige Vater habe sich nicht eindeutig zu drängenden Themen geäußert.

Zum Abschluss ihrer viertägigen Herbstvollversammlung in Fulda hat die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) eine positive Bilanz des Papstbesuchs gezogen. Der Besuch des Heiligen Vaters habe die Einheit der Kirche gezeigt und gestärkt, sagte Erzbischof Robert Zollitsch, der DBK-Vorsitzende, bei einer Pressekonferenz am Freitag in Fulda.

Papst Benedikt XVI. sei es ganz elementar um den christlichen Glauben und um den Kern des Evangeliums gegangen. Sein Besuch entziehe sich "einer vordergründigen politischen Deutung", betonte Zollitsch. Der DBK-Vorsitzende erläuterte dann die Botschaften, welche die deutschen Bischöfe in Fulda aus den Papstreden in Deutschland herausgelesen haben.

Zum Stichwort Ökumene sagte Zollitsch, der Papst habe sich in Erfurt auf den Reformator Martin Luther zubewegt. Man missverstehe aber die Geste, die ein solches Treffen darstelle, wenn man es "in der Logik politischer Prozesse" auf "handhabbare Ergebnisse" befrage. "Das wirklich Große an der ökumenischen Begegnung war, dass sie stattgefunden hat und dass sie an diesem Ort stattfand", erklärte Zollitsch. Anzeige

Zollitsch ging auch auf die Konzerthausrede des Papstes in Freiburg ein, in der das Kirchenoberhaupt von der Abschaffung kirchlicher Privilegien gesprochen hatte. Damit habe der Papst nicht die Abschaffung des Kirchensteuersystems gemeint, sondern vielmehr die Kirche ermutigt, zu mehr "Einfachheit und Eindeutigkeit" zu finden.

Ebenso habe die Papstreise die DBK darin gestärkt, den 2010 begonnenen Gesprächsprozess fortzusetzen. Man dürfe aber keinen deutschen Sonderweg bei den "sperrigen Themen" wie dem Umgang mit geschiedenen Wiederverheirateten forcieren. Das schließe jedoch nicht aus, dass man versuche, diese Themen im Gespräch mit Rom zu klären, sagte Zollitsch. Papst Benedikt XVI. hatte während seiner Deutschlandreise den Dialogprozess, auf den viele Katholiken Hoffnungen setzen, nicht konkret angesprochen.

Sigrid Grabmeier von der Bewegung "Wir sind Kirche" kritisierte in Fulda auf einer eigenen Pressekonferenz, dass der Papst eine sehr schwierige Situation in Deutschland hinterlassen habe, weil er sich nicht verständlich und eindeutig geäußert habe. Zollitsch sei darum bemüht, die Papstreden positiv zu interpretieren, die Gläubigen teilten diesen Eindruck nicht - es handele sich um "Zweckoptimismus".

http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-bischofskonferenz-bischoefe-zeigen-sich-mit-papst-besuch-zufrieden-1.1157587





Nebulöse Interpretationsversuche

Ein Kommentar von Franziska Brüning, Fulda

Deutschlands oberste Katholiken rätseln in Fulda darüber, dass Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch nichts zum innerkirchlichen Dialog gesagt hat. Die Bischöfe und Kardinäle stochern freundlich im Nebel, um ihre Basis nicht zu vergrätzen. Mehr nicht.

Vier Tage lang haben die 69 deutschen Bischöfe, Erzbischöfe und Kardinäle in Fulda über die Rätsel nachgedacht, die ihnen ihr Kirchenoberhaupt Papst Benedikt XVI. aufgegeben hat.

Eines davon war sein Schweigen zum Thema Dialogprozess, der vergangenes Jahr angestoßen wurde. Nicht Gesagtes hat den Vorteil, das es vielseitig interpretierbar ist. Und so haben die Geistlichen am Rande der Vollversammlung auch freundliche Worte gefunden, um dem Schweigen einen positiven Anstrich zu geben.

Der Papst habe den Gesprächsprozess nicht durch Weisungen einengen wollen. Er habe sich weder auf die Seite der Reform orientierten Bischöfe, noch auf die der Konservativen stellen wollen. Ja, er habe sogar einen Raum eröffnet, in dem der Dialog mit seinen Anregungen verknüpft werden könne.

Alle diese Erklärungsversuche täuschen nicht darüber hinweg, dass die deutschen Kirchenoberen im Nebel tappen.

Viele katholische Gläubige setzen große Hoffnungen in den Dialog. Sie haben konkrete Impulse von ihrem Papst erwartet, zum Beispiel was den Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten betrifft.

Die nebulösen Interpretationsversuche ihrer Bischöfe werden sie enttäuschen, denn die Basis wünscht sich eine Kirche, die von unten gedacht wird und der modernen Gesellschaft gerecht wird. Doch das widerspricht dem katholischen Kirchenverständnis. So hätte allein ein päpstliches Machtwort den Dialog beflügeln können. Stattdessen hat Benedikt XVI. ihn nicht einmal beachtet.

So werden die deutschen Bischöfe noch eine Zeit lang unverbindlich weiter plaudern, um ihre Basis nicht zu vergrätzen. Mehr nicht. Ohne Weisung von oben bleibt ihnen gar nichts anderes übrig. Der Dialog hat keine große Zukunft mehr.

http://www.sueddeutsche.de/politik/deutsche-bischofskonferenz-nebuloese-interpretationsversuche-1.1157584

Zuletzt geändert am 08­.10.2011