7. September 2006 - epd

Papstbesuch wird neue geistige Impulse geben

Stoiber: Religion gewinnt an Bedeutung - Bischöfe: Papst feiert Glaubensfest

München (epd). Führende Kirchenvertreter und Politiker erwarten vom Papstbesuch in Bayern neue Impulse für das gesellschaftliche Zusammenleben und auch für den christlichen Glauben. Die Reise von Benedikt XVI. in seine Heimat werde einen positiven Schub geben für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den christlichen Werten und dem christlichen Menschenbild, sagte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) am Donnerstag in München vor Journalisten. Die katholischen Bischöfe von München, Passau und Regensburg unterstrichen, dass der Papst die Menschen zum Glauben führen und mit ihnen ein Fest des Glaubens feiern wolle. Der Papst beginnt am Samstag in München seinen sechstägigen Aufenthalt in seiner bayerischen Heimat.

Stoiber kündigte an, er werde bei seinem Treffen mit dem katholischen Kirchenoberhaupt auch grundsätzliche Fragen der Gesellschaft ansprechen. Der Ministerpräsident zeigte sich überzeugt, dass religiöse Werte durch den Papstbesuch wichtiger werden: "Das ist eine Grundstimmung, die da ist und durch den Papst noch verstärkt wird." Er begrüße es ausdrücklich, dass es vor allem bei jungen Menschen eine Rückbesinnung auf Werte und Religion gebe. Gerade bei ihnen werde der Papst eine nachhaltige Wirkung hinterlassen, so Stoiber, der dabei an den Weltjugendtag in Köln vor einem Jahr erinnerte. Junge Frauen und Männer, die den Papst noch nie erlebt hätten, werde die spirituelle Erfahrung bei den Gebeten und Gottesdiensten um vieles reicher machen.

Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter, sagte, der Papst werde in einer ratlos gewordenen Welt Orientierung geben, Wege des Lebens aufzeigen und die Kirche als Gemeinschaft erfahrbar machen. Die Gottesdienste mit ihm und seine Predigten bildeten die Höhepunkte seines Pastoral-Besuchs. "Der Besuch des Papstes sei ein geistliches Großereignis, bei dem es um Glaube, um Kirche, zutiefst also um Gott geht." Das Anliegen des Papstes sei, die Gottesfrage in den Herzen der Menschen neu zu entfachen.

Wegweisende Antworten auf zentrale ethische und philosophische Fragen wie "Was ist der Mensch", Grundwerte und "Wie entwickelt sich die Gesellschaft weiter" erwartet der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller vom Papst, der darüber mit Wissenschaftlern in Regensburg diskutieren wird. Benedikt werde dazu beispielhaft das christliche Verständnis erörtern. Die Begegnung mit Vertretern anderer Konfessionen solle symbolisch deutlich machen, dass Christen nicht nur theoretisch, sondern auch ihren Glauben gemeinsam leben und bezeugen können. An dem ökumenischen Gottesdienst werden auch jüdische Religionsvertreter mitwirken, fügte Müller hinzu. Die Muslime dagegen seien bei Veranstaltungen während des Papstbesuches nicht direkt beteiligt, erklärte einer der Hauptorganisatoren.

Bei aller Vorfreude auf den Papst und dessen durchaus herausragende Bedeutung für die Kirche wie auch für die Gesellschaft dürfe die Gottes- und Glaubensfrage jedoch nicht allein auf den Papst bezogen werden, sagte der Sprecher der kirchenkritischen Reformbewegung "Wir sind Kirche", Christian Weisner, dem epd. "Die Menschen in Deutschland wollen gläubig sein", aber etwa durch die rigide Sexualmoral der katholischen Kirche würden sie ausgegrenzt. Mit ihren vielen Hürden hält die Kirche viele Menschen vom Glauben und der Suche nach Gemeinschaft ab, so Weisner.

Zu den möglichen Protesten zum Papstbesuch gehört ein Demonstrationsaufruf von Homosexuellen in München, die damit gegen die Unterdrückung und Diskriminierung von Lesben und Schwulen durch die katholische Kirche auf die Straße gehen wollen. Die rückständige Haltung von Papst Benedikt XVI. greife nicht nur die Würde homosexueller Menschen an, sondern fördere und unterstütze dadurch weitere politische und gesellschaftliche Ausgrenzung und Diskriminierung bis hin zu Gewalt, hieß es. Die Organisatoren und Kirchenvertreter rechnen insgesamt aber nicht mit einer breiten Protestwelle. Im Vergleich zu den mehreren hunderttausend Menschen, die den Papst erleben und mit ihm feiern wollten, werde die Zahl der Papstkritiker verschwindend gering sein, hieß es.

Zuletzt geändert am 11­.09.2006