8. September 2006 - Bayerische Staatszeitung Nr. 36

DIE FRAGE DER WOCHE Sollen Frauen zum Priesteramt zugelassen werden?

JA
Sigrid Grabmeier
, Mitglied im Bundesteam der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche (Deggendorf)

Als Johannes Paul II. 1994 mit seinem Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe Theologen und Kirchenvolk die weitere Diskussion darüber verbot, heizte er diese um so mehr an. Kardinal Ratzinger soll damals klug verhindert haben, dass eine dogmatische Definition vorgenommen wurde: „Unter den gegenwärtigen Umständen“ habe der Papst festgestellt, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden.

Die Umstände können sich aber durch neue Erkenntnisse oder Einsichten aufgrund der Dynamik des Geistes Gottes ändern. So ist zu diskutieren, wie es um die Vollmacht steht, Männern die Priesterweihe zu erteilen. Jesus hat selbst kein Priesteramt eingeführt, er hat zwölf Männer als neue Stammväter für die zwölf Stämme zu Aposteln erwählt. Der Apostelkreis war jedoch größer und umfasste auch Frauen. Petrus hingegen spricht vom allgemeinen Priestertum. Die Ausformung des heutigen Priesteramts hat eine historische, also menschliche Entwicklung. Dass nur Männer Priester werden können wird begründet, sie repräsentierten Christus, und Frauen könnten das nicht, weil dieser ein Mann war. Nun betont aber das Glaubensbekenntnis, dass Gott Mensch und nicht, dass er Mann wurde. Fraglich ist auch, ob der auferstandene Christus sich noch in den menschlichen Kategorien Mann oder Frau einteilen lässt. Auch die gerne strapazierte Braut- Bräutigam-Symbolik, nach der eine Frau ja nicht den Bräutigam repräsentieren kann, überzeugt nicht, denn die Kirche als Braut Christi ist nur ein Bild neben anderen, wie Leib Christi oder Volk Gottes. Gerade diese Symbolik, übernommen aus dem Alten Testament, die vor allem die Unterordnung der Kirche unter Christus darstellen soll, als Begründung für die Ablehnung heranzuziehen, ist bei der selbst im kirchlichen Gesetzbuch festgestellten Gleichberechtigung von Ehepartnern hinfällig.

Für mich ist die Frauenordination nicht nur eine theologische Frage, sondern auch eine der Macht. Würden auch Frauen zum Leitungsdienst in der Kirche zugelassen, müssten viele Antworten neu gegeben werden.


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NEIN
Von Peter Neuner
, em. Professor für Dogmatik und Ökumenische Theologie (Universität München)

Gegen die Priesterweihe von Frauen werden mehrere Argumente angeführt. Ein erstes ist das Wort des heiligen Paulus, wonach „die Frauen in der (gottesdienstlichen) Versammlung schweigen“ sollen (1 Kor 14,34), ein zweites die ungebrochene Tradition, die (fast) alle christlichen Kirchen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein festgehalten haben. Daneben wird argumentiert: Jesus war frauenfreundlich, dennoch hat er keine Frauen in den Kreis seiner Apostel aufgenommen, nicht einmal seine eigene Mutter.

Und letztlich: Weil der Priester Christus repräsentiert, und Christus nach biblischer Aussage als der Bräutigam der Kirche als der Braut gegenübertritt, muss der Priester ein Mann sein, weil er nur als solcher diese Glaubenssymbolik darstellen könne.

Diese Gründe haben Papst Johannes Paul II. zu der Aussage veranlasst, die Kirche habe keinerlei Vollmacht, Frauen zu ordinieren. Gleichzeitig mühte er sich, die gleiche Würde und die Rechte der Frauen in der Kirche zu betonen. Dabei hat der Papst nicht vom Wesen der Frau her argumentiert, so als seien diese von ihrer Natur her unfähig für das Amt. Manche Kritik am Papst richtete sich genau gegen dieses Argument, das tatsächlich eine Zurücksetzung oder gar Beleidigung von Frauen impliziert hätte, die päpstliche Entscheidung aber nicht bestimmt hat.

Tatsächlich üben Frauen in der Kirche gewichtige Aufgaben aus, in den Pfarreien ebenso wie in vielen Diözesen, wo sie Leitungsfunktionen auf höchsten Ebenen innehaben. Das priesterliche Amt ist nicht das einzige Amt in der Kirche, vielleicht nicht einmal das wichtigste. Doch diese Tatsache müsste im alltäglichen Erscheinungsbild der Kirche und in ihrer öffentlichen Wahrnehmung wesentlich deutlicher werden als bisher.

Es sprechen durchaus Gründe dafür, heute aus historischen, pastoralen und ökumenischen Erwägungen die Ordination von Frauen für nicht opportun zu erachten, weil sie die Einheit der Kirche gefährden würde, in den jungen Kirchen mehr als in Europa und in Nordamerika. Ob sie die gegenwärtige Praxis zwingend notwendig machen, ist umstritten.

Zuletzt geändert am 15­.09.2006