13.1.2013 - Rhein-Zeitung

Missbrauchsstudie von Kirche gestoppt: Bedauern bei Kirchenvertretern im Kreis Neuwied

Kreis Neuwied - Bundesweit äußern Experten ihr Bedauern zum Stopp der Studie für die wissenschaftliche Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Katholischen Kirche. Auch im Kreis Neuwied stößt die Entscheidung der Bischöfe meist auf Unverständnis. Bei einer RZ-Umfrage reicht der Tenor der Aussagen von bedauerlich bis unglücklich. Zum Hintergrund: Die Bischofskonferenz hatte den Vertrag mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen vorzeitig gekündigt, was ihr einen Hagel an Kritik einbrachte. Ein Rechtsstreit ist anhängig.

Für den Dierdorfer Pfarrer Thomas Corsten, dessen Vorgänger selbst im Jahr 2011 wegen eines Missbrauchs kurzfristig aus dem Amt entfernt wurde, ist das Thema längst noch nicht erledigt: "Die Kirche steht da erst am Anfang." Insofern findet er es "schade, dass jetzt alle Energien auf einen Rechtsstreit verwendet werden, anstatt weiter aufzuklären".

Zu dem, was sich da zwischen den Kirchenoberen und dem Kriminologen Christian Pfeiffer genau abspielt, fehlen dem Pfarrer die Detailkenntnisse. Gleichwohl bringt er Verständnis für die Bischöfe auf, die datenschutzrechtliche Gründe anführen "und deshalb zögerlich sind". Auf der anderen Seite sieht er die Opfer: "Sie müssen unverändert im Mittelpunkt stehen. Daher wünsche ich mir auf alle Fälle, dass zügig weitergearbeitet wird." Den Opfern müsse ganz einfach Gerechtigkeit wiederfahren.

Ähnlich äußert sich Heinz Christ, Pfarrer für Engers, Block, Heimbach-Weis und Gladbach. Er sagt: "Ich habe noch keine Stellungnahme der Bischofskonferenz gelesen, was mir eine konkrete Aussage schwer macht. Aber ich kann sagen: Den Prozess genau an dieser Stelle zu beenden, halte ich für sehr unglücklich." Aus Christs Sich hätten die Beteiligten bei der Vorbereitung der Missbrauchsstudie genauer hinschauen sollen und Knackpunkte rechtzeitig besprechen müssen. Dass die Probleme jetzt kommuniziert werden, hält er für richtig: "Da müssen wir jetzt in aller Demut durch."

Hanspeter Schladt, der nicht nur im Pfarrgemeinderat Niederbieber aktiv ist, sondern auch als Diözesansprecher der Kirchenbewegung "Wir sind Kirche", findet das vorläufige Aus für die Studie sehr betrüblich: "Ich habe den Eindruck, dass unsere Bischöfe immer noch nicht bereit sind, alles konsequent aufzuklären." Schladt vermutet, dass konservative Kräfte unter den Bischöfen Druck aufgebaut haben. "Im Nachhinein zu fordern, die Ergebnisse gegebenenfalls unter Verschluss zu halten, kann nicht im Sinne der Wissenschaft sein." Ob sich jetzt andere Wissenschaftler finden, bezweifelt er.

Dr. Herta Brinkmann, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Linz und Mitglied im Katholikenrat des Bistums Trier, hält Bischof Ackermann für glaubwürdig, wenn er von einem zerrütteten Vertrauensverhältnis zu Pfeiffer spricht. Dass beide Seiten Ergebnisse der Studie kommentieren, hält sie für ein legitimes Anliegen der Kirche. "Aus Sicht der Opfer ist das allerdings eine unglückliche Sache", sagt sie.

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Zuletzt geändert am 21­.01.2013