29.1.2013 - Süddeutsche Zeitung

Aussprache mit dem Kardinal

Kritiker vom „Münchner Kreis“ fühlen sich von Marx ermuntert

München – Es ist das erste direkte Zusammentreffen gewesen zwischen Erzbischof und Reformern, und es war eine Aussprache. Rund eine Stunde lang diskutierten am Montagnachmittag die vier Sprecher der katholischen Pfarrer-Initiative „Münchner Kreis“ mit Kardinal Reinhard Marx und dem Priesterrat der Erzdiözese. Es sei ein freundliches Gespräch gewesen, heißt es von den Teilnehmern. Und die Reformer fühlen sich bestärkt: „Wir haben gemerkt, dass unsere Anliegen durchaus gehört werden“, sagt Christoph Nobs vom „Münchner Kreis“. Kardinal Marx habe sie in ihrer Kritik ausdrücklich ermuntert.

Die Anliegen, die Nobs mit seinen Mitstreitern vorbrachte, sind der Kirchenleitung lange bekannt gewesen. Der „Münchner Kreis“, ein Zusammenschluss von 53 Priestern und Diakonen in der Erzdiözese München und Freising, mahnt bereits seit Oktober zum offenen Dialog mit den Gläubigen sowie zur Weiterarbeit an 61 Empfehlungen, die das vom Erzbistum ins Leben gerufene „Zukunftsforum“ bis 2010 erarbeitet hatte. Unter diesen Empfehlungen finden sich unter anderem Wünsche nach Abkehr vom Hierarchiedenken und nach mehr Rechten für Frauen und Laien.

Die Stimmung war zuletzt angespannt. Die Pfarrer und Diakone bemühten sich auch international um Rückhalt. Erst am Freitag trafen sich Vertreter des „Münchner Kreises“ mit Reform-Initiativen aus sieben anderen deutschen Bistümern sowie aus Österreich und der Schweiz in der Münchner Heilig-Geist-Kirche, um sich zu vernetzen – und auch, um sich gegenseitig den Rücken zu stärken. Denn obwohl verschiedene Bischöfe immer wieder ihre Offenheit für Kritik betonten, hatten die Mitglieder des „Münchner Kreises“ diese Dialogbereitschaft in der Praxis zuletzt wenig wahrgenommen. Zum Abschluss ihres Treffens am Freitag hatten sich die Initiativen gegen die Schaffung großer Pfarrverbände ausgesprochen und erklärt, die – oft liberale – kirchliche Praxis auch gegen Kirchenweisungen benennen zu wollen. Und sie hatten Transparenz gefordert und gegen die „absolutistischen Strukturen“ der Kirche protestiert.

Ähnlich äußerte sich am Montag die Initiative „Wir sind Kirche“. In einem offenen Brief an Kardinal Marx zu dessen fünftem Amtsjubiläum am 2. Februar wünschte sich die Reformbewegung mehr Dialog, Vertrauen und Freiheit – und klagte über Druck, der scheinbar auf Kritiker ausgeübt werde. Die Bistumsleitung wies dies auf Anfrage zurück. Weiter kommentierte sie den Brief nicht. JAKOB WETZEL

Zuletzt geändert am 29­.01.2013